Leben/Reise

Brač - eine Reise ins Blaue

Die jungen Katzen im kleinen Hafen von Sutivan lernen schnell: Ein Segelboot oder das Fährschiff interessiert sie genau gar nicht. Wenn sich aber eines der nussschalengroßen Fischerboote nähert, sitzen sie auf der Kaimauer und warten gespannt. Die Fischer, meist alte Männer, die vor allem zum Vergnügen hinaus aufs Meer fahren, wissen, was sich gehört: Ehe sie ihren Fang an Land bringen, entrichten sie ihren Obolus an die Katzenschar in Form von ein, zwei kleinen Fischen.

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Die alten Fischer im Hafen von Sutivan

Sutivan ist ein Dorf im Nordwesten der dalmatinischen Insel Brač. Der Ort besteht aus einigen Renaissance-Häusern, einem Fischmarkt, zwei kleinen Supermärkten und einem eleganten Fünfsternehotel, dem „Lemongarden“. Sitzt man an einem der Tische dieses Hotels, das aus drei gut 300 Jahre alten Steinhäusern besteht, erste Reihe fußfrei im Hafen mit Blick auf die Stadt Split, vor sich einen Kaffee oder ein Glas Wein, beginnt ein langsamer Sickerprozess. Man merkt nach und nach, was den Reiz dieses besonderen Ortes ausmacht. Es ist einmal das Wasser, das sogar zwischen den Booten im Hafenbecken so sauber und klar und blitzblau ist, dass man bedenkenlos hineinspringen würde. Und es sind die Dinge, die es hier nicht gibt, die Freude machen.

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Essen im Lemongarden erste Reihe fußfrei am Wasser

Es knattert kein stinkendes Moped vorbei und kein Auto bleibt mit laufendem Motor direkt neben dem Gastgarten für einen ausgedehnten Plausch durchs Wagenfenster stehen. Das Grätzel rund um den Hafen ist nämlich Fußgängerzone. Im Hafenbecken schaukeln ein paar Fischerboote, aber keine großen Yachten in Zweier- oder Dreierpackerln wie in den Marinas der meisten anderen kroatischen Inseln, wo der Liegeplatz so viel kostet wie ein Hotelzimmer. Die Pläne, eine richtig schöne, große, moderne Marina zu bauen, werden vorerst nicht verwirklicht. Zum Glück.

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Überdimensionierter Glockenturm aus weißem Marmor

Brač ist stille unter Kroatiens Inseln, dabei gibt es etwas, das sie weltberühmt gemacht hat und sie mit Wien, Berlin und Washington gleichermaßen verbindet: Bračer Marmor. Aus den leuchtend weißen Kalksteinen wurde die Hofburg in Wien, der Berliner Reichstag erbaut und die vier Säulen an der Vorderfront des Weißen Hauses in Washington. Während der Rest des Gebäudes immer wieder gestrichen werden muss, damit es seinem Namen gerecht wird, behalten die Säulen aus Bračer Marmor ihre Farbe auch so. Die enormen Steinquader werden von der Insel aus in die ganze Welt verschifft.

Wein und Olivenöl auf Lebenszeit

Doch auch an Ort und Stelle wird der weiße Stein verarbeitet. So schuf der Bildhauer Ivan Rendić in dem Dörfchen Ložišća Mitte des 19. Jahrhunderts einen für die bescheidene Pfarrkirche überdimensionierten Glockenturm. Der ist so groß, dass dem Auftraggeber, einem Gutsbesitzer, das Geld ausging. Ein Wiener Arzt, der aus Ložišća stammt, finanzierte den Bau und erhielt als Gegenleistung Olivenöl und Wein auf Lebenszeit. Und der riesige Diokletianpalast in Split, den sich der freiwillig abgedankte römische Kaiser innerhalb von nur zehn Jahren als Alterssitz errichten ließ, ist aus Bračer Marmor. Das wichtigste „Wahrzeichen“ aber ist das „Goldene Horn“, ein dreieckförmiges Stückchen Strand bei Bol und beliebtes Fotomotiv der kroatischen Tourismuswerber. Es sieht aus wie Sand, ist aber feiner Kies, auf dem es in den Sommermonaten ganz schön eng werden kann. Das Besondere am „Zlatni Rat“: Durch die wechselnde Meeresströmung ändert es immer wieder ein wenig seine Form.

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Wahrzeichen Goldenes Horn bei Bol

Am schönsten kann man das vom Vidova Gora, dem Veitsberg aus beobachten, der mit seinen 778 Metern die höchste Erhebung aller kroatischen Inseln ist und einen herrlichen Blick auf die Nachbarinseln Ovar und Kordula bietet und den man durch schattige Pinienwälder und Olivenhaine erwandern kann. Begegnungen mit Schafherden nicht ausgeschlossen.
Im Hochsommer sind 35 Grad auf Brač normal. Besonders schön ist es im Frühjahr, wenn in unseren Breiten der Winter nicht weichen will und man sich einen Vorgeschmack auf den Sommer holen möchte, oder im Herbst, wenn immer noch Badetemperaturen herrschen und die Oliven erntereif an den Bäumen hängen.

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Schafe als natürlicher Rasenmäher

Besucher der Insel bekommen auf Wunsch auch ein Stück vom Olivenglück. Etwa wenn sie Gast im luxuriösen Lemongarden sind. Neuerdings verfügt das Hotel über einen eigenen Olivenhain ein paar Kilometer vom Hotel entfernt, in dem eine Schafherde als natürlicher Rasenmäher dient. Dort darf jeder, der mag, Hand anlegen. Die Oliven werden hier übrigens nicht vom Baum heruntergeschüttelt, sondern sorgfältig gepflückt. „Auf jedem Baum wachsen drei unterschiedliche Qualitäten. Mischt man alle zusammen, wird das Öl nicht so fein“, erläutert der Hotelpatron.

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Handverlesene Oliven

Das Öl, das aus den handverlesenen Oliven gepresst wird, dürfen die Gäste mit nach Hause nehmen. Dann werden sie auch noch mit einer echten dalmatinischen „deka“ belohnt: In einem gusseisernen Topf, der mit Glut bedeckt wird, schmoren Fleisch, Gemüse, Erdäpfel und Gewürze stundenlang zu einem köstlichen Gericht.
Brač ist zwar die größte Insel in Dalmatien, lässt sich aber mit ihren 40 km Länge und zwölf km Breite locker an einem Tag umrunden. Reizvolle Dörfer, die einen Besuch lohnen, gibt es jede Menge. Den kleinen Hafenort Bobovišća na mors, in einer traumhaften Bucht ganz westlich gelegen. Zwischen den Booten versuchen die beiden Buben unverdrossen, mit ihrer aus einem Ast gebastelten Angel, einen Fisch zu erwischen.

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Die Pinie im Kirchendach

Oder Nerežišća, wo aus dem Dach der kleinen Kirche auf dem Dorfplatz eine Pinie wächst. Dann gibt es noch das Steinmetzdorf Pučišća an der Nordküste von Brač, in dessen Hafen immerhin noch drei von ehemals 13 Wehrtürmen stehen, dereinst von den Venezianern im Mittelalter errichtet. Sie sollten der Abwehr der Türken dienen und vor Angriffen schützen, die von Senn an der oberen Adria aus ihre Eroberungszüge starteten.
Heute erobern die Segler die Häfen der kroatischen Inselwelt. Noch ist Brač wehrhaft und verweigert sich dem Massentourismus. Zur Freude derer, die diese Insel für sich entdeckt haben.