Leben/Reise

AREA 47: Eldorado für ewige Kindsköpfe

So Leute, hört mir mal kurz zu: Die nächsten Meter ist es etwas gemütlicher, aber ihr seht die Linkskurve da vorne. Dort erwartet uns eine Passage mit dem klingenden Namen " Constructa". Und jetzt wird's wichtig: Hört genau auf meine Anweisungen. Werden wir dort zu weit auf die linke Seite des Flusses getrieben, werden wir erfahren, warum diese Stelle nach einer Waschmaschine benannt ist. Leute, das will ich nicht. Und glaubt mir: Ihr wollt das auch nicht", ruft Guide Arnd uns schon etwas durchgespülten Rafting-Amateuren vom hinteren Ende des Bootes zu.

Einige schmunzeln vorfreudig, andere blicken etwas skeptisch unter dem Helm hervor. Der Wasserstand in der Ötztaler Ache liegt bei 1,20 Meter. Viel höher (Anm.: 1,40 Meter) darf er bei Touren mit Kunden nicht sein, erklärt Arnd.

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Dann geht's los: "Vorwärts ... vorwärts ... vorwärts", ruft Arnd. Seine Kommandos sind jetzt Gesetz. Angesichts seiner mahnenden Worte will sich ohnehin keiner mit "Constructa" anlegen. Die Bezeichnung "Wildwasser" ist hier nämlich Programm, wer nicht aufpasst, geht baden. Auch wenn man auf einen unfreiwilligen Tauchgang vorbereitet wurde, ausprobieren will es niemand. Zumal der Weg zurück ins Boot äußerst schwierig und mühsam werden kann.

Alles geht gut. Geschüttelt und gespült werden wir trotzdem.

"Linke Seite, Tequila", ruft Arnd wenig später, mittlerweile schon im Inn angekommen. Auf Kommando lehnt sich die linke Seite des Bootes mit dem Kopf so weit wie möglich nach hinten Richtung Wasser und die Welle schwappt über das Boot. Sekunden später richten sich drei begossene Pudel wieder auf. Ein kurzer Blick, ob alle noch da sind. Dann bricht Gelächter aus. "Gut gemacht, Leute."

"Härtetest für den Ruhepuls"

Gelacht wird ohnehin viel in der AREA 47. "Härtetest für den Ruhepuls", schreibt sich der Outdoor-Erlebnispark im Supersize-Format auf die Fahnen. Und tatsächlich pendelt das Gemüt während des Aufenthaltes im Tiroler Ötztal ständig zwischen Anspannung und Erleichterung, Mulmigkeit und Ausgelassenheit. In Summe strömen pro Sommer mehr als 200.000 Abenteuerlustige aus aller Welt in den alpinen Erlebnispark, der in seine sechste Saison gegangen ist. Gründer Hansi Neuner ist mittlerweile leider verstorben, sein Plan, mit der AREA 47 den Sommertourismus in Tirol zu beleben, scheint aber voll aufgegangen. Im Winter zählt Tirol schon länger zu den Top-Destinationen. Mit über 40.000 Nächtigungen pro Sommer leistet die AREA 47 einen wesentlichen Beitrag zu mehr Sommertourismus in Tirol, wo insgesamt mehr als 53.000 Menschen im Tourismus beschäftigt sind und rund ein Sechstel des Bruttoinlandsproduktes des Bundeslandes erwirtschaften. Als Geschäftsführer leiten Mike Reden-Neuner und Christian Schnöller die Geschicke im Outdoor-Park.

Sicherheit

Das Risiko bei den Aktivitäten ist freilich stets kalkuliert. Auch in punkto Ausrüstung wird man bestens versorgt. Neoprenanzug, Spezialschuhe, Helme, Schwimmwesten - die Area 47 stellt alles zur Verfügung. "Ich hoffe, ihr wisst zu schätzen, dass wir alles für eure Sicherheit unternehmen und untergrabt das nicht mit Dummheiten", wird einem eingebläut. Vor jeder Aktivität gibt's eine Sicherheitseinweisung.

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Dafür ist man dankbar, wenn man beim Canyoning durch die malerischen Gebirgsbäche wandert, sich durch Wasserfälle abseilt oder auch die etwas direktere Variante nimmt: Je nach Schwierigkeitsgrad der Tour erfolgt der Sprung ins klare Gebirgswasser aus vier, zehn oder auch 14 Metern Höhe. Nichts für Feiglinge.

Freilich kann auch im Hochseilgarten nichts passieren. Mit 27 Metern ist er der höchste Österreichs. Jederzeit könnte man sich in den an einer Schiene festgemachten Gurt plumpsen lassen, man würde nur 30 Zentimeter "fallen". Und doch wird der Ruhepuls auch hier auf eine harte Probe gestellt. Kaum etwas ist starr, alles wackelt. Von hängendem Baumstamm zu hängendem Baumstamm, von Seil zu Seil, von schwingendem Brett zu schwingendem Brett. Der Blick nach unten ist einprägsam.

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"Ja, bei dieser Hitze kann das schon mal anstrengend werden", bestätigt mir Marie, als ich schwitzend in 27 Metern Höhe etwas verkrampft an einem Baumstamm über der Ötztaler Ache hänge. Sie hat vor kurzem ihr Studium abgeschlossen und arbeitet in den Sommermonaten als Outdoor-Guide in der AREA. Ihre Gelassenheit wirkt entspannend. "Kurze Pause", keuche ich, ungelenk versuchend, meinen Schuh vor dem Abflug zu retten. Souveränität sieht womöglich anders aus. "Ein paar Meter noch, dann bist du beim Skateboard", sagt sie lachend.

Mich fragend, ob sie mich gerade auslacht, geht der Blick nach vorne. Hat sie Skateboard gesagt? Die kommenden Hindernisse in Angriff nehmend ist die Freude schließlich groß, auf einer festen, nicht wackeligen Platte zu stehen. Und da ist es, das Skateboard. Nur nicht lange nachdenken, mit dem linken Fuß drauf, mit dem rechten Schwung holen. Schon "schwebt" man rund zehn Meter bis zur nächsten Plattform. Marie ist schon dort. Sie hat hier oben schon viel erlebt. Etwa Besucher, die sich plötzlich keinen Meter mehr weiterbewegen wollen und sich still an einem der Hindernisse festklammern. "Wenn sie nicht auf sich aufmerksam machen, kann es schon mal eine Weile dauern, bis ich das bemerke", erzählt sie. "Nicht jedem bekommt die Höhe gut."

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Schwindelfreiheit ist auch in der Water AREA - einem 20.000 m² großen Eldorado für ewige Kinkdsköpfe - von Vorteil. Eine der Rutschen sticht besonders ins Auge. Kurven wurden wohl als überflüssig erachtet. Beim Weg rauf, vorbei an den gemäßigteren Rutschen, wird ein Schild passiert. Sinngemäß: Frauen verboten, Männer erst ab 15 Jahren. Am besten jeden Muskel im Körper so gut es geht anspannen, wird einem mit auf den Weg gegeben. In die steilste Speedrutsche Europas legt man sich nicht rein, man muss auch nicht Schwung holen. Man hängt sich rein. Dann lässt man los.

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Direkt nebenan werden Abenteuerlustige im Cannonball-Katapult mit 1,5 Tonnen Wasserkraft ins kühle Nass geschossen, beim Blob, einem riesigen, mit Luft gefüllten Wasserschlauch, mutieren die Gäste zum Piloten am Schleudersitz.

Zipfelbob

Eines der Highlights im Wasserpark ist die rund 15 Meter hohe Wasserschanze. Ausgerüstet mit Neoprenanzug, Schuhen, Helm und Zipfelbob geht's - nach einer Sicherheitseinweisung - die Stufen nach oben. "Du kannst gerne vor", beweisen die Beiden, die vor mir oben angekommen sind, Großzügigkeit. Ihr Blick verrät Zweifel, meiner sicher auch. Vom Blobbing-Turm aus regelt ein Bademeister den Verkehr, um unfreiwillige Kollisionen zu vermeiden. Er gibt mir das Signal, ich mir einen Ruck. Als ich auf dem Zipfelbob nach unten rausche, versuche ich mich an die Tipps des Bademeisters zu erinnern. Vor dem Abflug den Blick auf das Restaurant richten, meinte er. Also dorthin, wo all jene sitzen, die in Kürze lachen werden. "Sonst kann die Landung a bissl unsanft werden". Sie wurde es. Trotzdem geht's zurück nach oben. Das Adrenalin macht süchtig.

Auch deshalb wird die luftige Höh' am nächsten Tag erneut aufgesucht. Der "Megaswing" soll's diesmal sein. Der Weg zum Absprungort ruft Erinnerungen an den Hochseilgarten hervor. "Alter, ich muss umdrehen, ich kann das nicht", sagt der Kollege vor mir. Vielleicht hat er zu oft nach unten geschaut. Marie schafft es, ihn zum Weitergehen zu ermutigen. Nach einigen Minuten kommen wir auf dem Absprungplateau an, wie der Hochseilgarten direkt unter der Autobahnbrücke. Wieder erfahre ich Großzügigkeit, darf auch hier als Erster ran. Zu freundlich.

Als ich an den Rand des Plateaus geschoben werde, damit das Seil gespannt werden kann, muss ich grinsen. Willkommen zurück, Adrenalin. Ich springe nach links. Freier Fall. Als das Seil greift, macht sich Erleichterung breit. Drei Tage Nervenkitzel schwingen gemütlich aus.

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"No Time for Selfies!" heißt es auf einem Plakat der Area 47 und Zeit für Eitelkeiten bleibt tatsächlich keine, wenn man sich auf dem ultimativen Spielplatz für Erwachsene an Extremsportarten versucht. Das Gelände, von CNN unter die Top- 5-Wasserparks weltweit gewählt, bietet bereits seit fünf Jahren Laien ab 16 Jahren die Möglichkeit, bis zu 35 verschiedene Extremsportarten, darunter Rafting, Canyoning oder Blobbing zu versuchen.

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Neu im Angebot sind heuer 32 Doppelzimmer in den Holz-Lodges, insgesamt stehen 400 Betten, auch in Holz-Tipis, zur Verfügung (N/F je nach Logis von 24 bis 41 €/P). Zusätzlich wurde zum Jubiläum die Offroad-Halle verdoppelt. Dort können Adrenalinjunkies auf KTM-Enduros oder in Polaris Buggies über das wetterfeste Motocross-Gelände brettern. Diesen Sommer kommt übrigens erstmalig der Extrem-Praktikant zum Einsatz: Der risikofreudige Glückliche erhält seine Aufträge (insgesamt gibt es 15 halsbrecherische Aktionen) direkt von der Facebook-Community und teilt sie dann als Videoclips im Internet.

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Outdoor-, Water-, Living-Area und Lakeside-Restaurant sind bis 4. Oktober geöffnet, eine Familienkarte (2 Erw. + 2–4 Kinder) für die Water Area kostet 53 €/Tag, für Extremsport muss man extra zahlen.

Info: ☎ 05266/ 8 76 76 info@area47.at, www.area47.at

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