Gault-Millau-Chefredakteurin Martina Hohenlohe verrät drei Insider-Adressen.
Genuss-Reisen liegen im Trend – der besondere Reiz dabei liegt stets in der Entdeckung des Besonderen. Gault-Millau-Chefredakteurin Martina Hohenlohe hat sich für Sie umgesehen – das Ergebnis: drei Insider-Adressen, die für Highlights sorgen.
RESTAURANT CELESTE.In Londons Restaurantszene am Laufenden zu bleiben, ist keine einfache Aufgabe. Es scheint, dass mit jedem Glockenschlag des Big Ben ein namhaftes Restaurant seine Eröffnung oder seinen Abschied feiert. Wir können von ersterem berichten: Mit Spannung erwartet, hat im Sommer das Londoner Hotel der Oetker-Collection "The Lanesborough" nach eineinhalb Jahren aufwendigster Renovierung wieder eröffnet. Der bekannte Pariser Vier-Hauben-Koch Eric Frechon (Restaurant "Epicure" im Hotel Bristol) übernahm die Schirmherrschaft des Restaurants und entsandte Kraft seines Amtes seinen jungen, aber nicht minder talentierten Mitarbeiter Florian Favario (32) nach London, wo dieser nun für eine moderne, kreative, französisch-inspirierte Küche verantwortlich ist.
So werden die besten Produkte, die das United Kingdom zu bieten hat, zu selbstbewussten, scheinbar einfachen Kreationen verarbeitet. Wie gerösteter, cremiger Karfiol mit Curry-Olivenöl und altem Parmesan, Ravioli mit Languste und frischen Kräutern gefüllt, samt einer berauschend kräftigen Krustentier-Velouté sowie handgeformte Zucker-Erdbeeren mit Crème Chantilly, die mit dem intensiven Walderdbeer-Aroma der Mara de Bois einfach umwerfend wirkt.
Das Gebotene ist also beeindruckend, ebenso wie der 200 Kilogramm schwere Luster, der über den Gästen schwebt, sowie das authentische Regency-Ambiente. Das Preisniveau ist für Londoner Verhältnisse fast moderat: Das fünfgängige Degustationsmenü gibt es um ca. 100 Euro.
INFO Céleste im Hotel "The Lanesborough", Hyde Park Corner, London SW1X7TA, www.lanesborough.com
KOFFMANN’S. Als Pierre Koffmann 1970 aus der Gascogne nach England fuhr, wollte er sich eigentlich nur das Rugby-Spiel England gegen Frankreich ansehen. Sein persönliches Gastspiel ging ein bisschen in die Verlängerung – er ist immer noch dort.
Mit seinem Restaurant "La Tante Claire" in London erreichte er höchste Würdigung aller Guides und Gäste. Heute kocht er an der selben Stelle, nämlich im Hotel "The Berkeley" – allerdings unter anderem Namen. Mit Schweinefuß in Geflügel Mousseline, Bries und Morcheln sorgte er in den 1970ern für Furore, heute bietet er entspannte Bistro-Küche mit weniger Anspruch, aber ebenso hohem Genusspotenzial.
Koffmann bringt die Küche seiner Kindheit auf den Tisch – schließlich wurde er von seiner Großmutter in die Geheimnisse der südfranzösischen Kochkunst eingeweiht. Er serviert knusprige Ravioli mit Schnecken gefüllt, den berühmten Schinken aus Bayonne und Knoblauchcroutons, bis zu Iberico-Schwein mit einem feinen Ragout aus Coco-de-Paimpol-Bohnen, eine blitzweiße "halbtrockene", fast cremige Bohne aus der Bretagne. In Frankreich kochen auch die Omas ein bisschen anders.
L’ENCLUME, CARTMEL & FERA.Simon Rogan hat sich mit dem "L’Enclume" im schottischen Cartmel bereits einen Namen gemacht. Zwischen den kargen wolkenverhangenen Hügeln könnte glatt ein Hobbit durchstarten. Wir hingegen verkriechen uns lieber in dem kleinen Steinhaus mit seinen blanken Tischen und freuen uns über Rogans deutliche Handschrift: frische und bittere Kräuter, Räuchern, Blumen, Fleisch vom übernächsten Hügel und Fisch vom nahen Meer. Dieses Konzept zieht Simon Rogan auch in der Dependance in London durch – der einzige Unterschied: Die Produkte kommen aus einem eigens angelegten Gemüsegarten außerhalb Londons und das Fleisch von Hügeln aus der näheren Umgebung.
Das Restaurant selbst ist höchst elegant, die Wände spielen mit so manchen Shades of Grey, das Zentrum bildet ein winterlicher Spindelbaum. Die Tische sind ebenso blank, die Atmosphäre ist sehr formell. So sehr, dass der Sommelier beleidigt dreinschaut, wenn der Gast sich womöglich den Wein selbst eingießen möchte.
Ein übrigens nettes Detail für uns Österreicher: Am Empfang wird man von einer Friesacherin begrüßt. Nach dem Degustationsmenü (ca. € 135,–) bleibt nur ein einziger Eindruck: Rogan ist brillant. Mit welcher Selbstverständlichkeit er Erbsenmousse, Kabeljau und Champignonpulver kombiniert oder Kaninchen mit knusprigem Panko (japanisches Paniermehl aus Brotkrumen) und extrem intensiver Liebstöcklcreme in Szene setzt, ist beeindruckend. Rechtzeitige Reservierung dringend empfohlen.