Politik

"Zwei Drittel wollen mehr Mitbestimmung"

Korruptionsaffären, Gezank um den U-Ausschuss, Bildungs-Schlingerkurs: Österreichs Politik macht aktuell vor allem negative Schlagzeilen. Der Frust in der Bevölkerung ist groß – doch was wollen die Bürger wirklich?

Wolfgang Bachmayer, Chef des Meinungsforschungsinstituts OGM, sieht im KURIER-Gespräch Handlungsbedarf: "Die Bürger wollen mehr direkte Demokratie, strengere Kontrolle, generell mehr Macht für Kontrolleinrichtungen."

In der Frage nach mehr direkter Mitbestimmung ortet Bachmayer eine satte Mehrheit der Bürger dafür: "Das zeigen alle Umfragen: Zwei Drittel bis 70 Prozent der Wähler wollen mehr Mittel der Mitbestimmung."

Warum dann die letzten Volksbegehren (etwa das Bildungsvolksbegehren) nur eine bescheidene Beteiligung aufweisen konnten? "Die bürokratischen Hürden sind zu hoch", meint der Meinungsforscher. Eine Ausweisleistung am Amt würde viele abschrecken. Als "gut gemacht" bezeichnet er die letzte Volksbefragung in Wien: Dort gab es eine Postzustellung eines einfachen Stimmzettels inklusive Retourkuvert.

"Wenn es die Regierung mit der Ausweitung der direkten Demokratie ernst meint, muss sie die gesetzlichen Bestimmungen für bundesweite Volksbefragungen lockern." Und Bachmayer fordert freie Bahn für Abstimmungen per Internet: "Das würde die Wahlbeteiligung deutlich erhöhen."

Als mögliche Themen für weitere Volksbefragungen sieht er etwa die festgefahrene Bildungspolitik. Daneben müsse es aber auch verstärkt Befragungen zu regional bedeutenden Themen geben.

Korruption

Stärkere Mitbestimmung ist für Bachmayer auch ein Weg, die sogenannten "Wutbürger, also Menschen, die etwas bewegen wollen", wieder in den politischen Prozess einzubinden. Diese seien verärgert angesichts von Stillstand und zuletzt zahlreich ans Licht gekommenen Korruptionsaffären: "Viele Menschen im Land sind aufgebracht." Das ziehe sich quer durch alle Lager. Bei den Jungwählern hingegen sieht Bachmayer "wachsende Abwendung und Resignation. Hier besteht die Gefahr des Ausklinkens."

Neue Parteien wie das " Team Stronach" würden von der Stimmung im Land profitieren: "Die Menschen sind hungrig nach Veränderung."

Den Regierungsparteien will Bachmayer trotzdem Bemühen zugestehen. Sie hätten schon mehrere richtige Schritte gesetzt: Bachmayer nennt das Transparenzpaket (für Inserate), neue Regeln für Partei-Spenden und die Wehrpflicht-Volksbefragung: "Es gibt Grund zur Hoffnung, dass ein Änderungsprozess eingeleitet wurde, der auch in Zukunft anhält."

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