Politik

Widersprüchliche Aussagen um Jet-Abschuss

Syrien/Türkei – Was genau sich am Freitag vor der syrischen Küste abgespielt hat, liegt nach wie vor im Dunkeln. Ein Kampfjet des NATO-Landes Türkei war von Syriens Luftabwehr abgeschossen worden – nur so viel ist klar. Über alles andere steht Aussage gegen Aussage. Am Montag wollen die EU-Außenminister über den Fall beraten. Am Dienstag wird sich die NATO der Sache annehmen. Am Sonntag wurde das Wrack gefunden. Wo, wurde nicht bekannt gegeben. Dabei ist gerade das ausschlaggebend.

Denn laut syrischen Angaben befand sich der extrem schnell fliegende Jet im Tiefflug nur knapp einen Kilometer vor der syrischen Küste, als er abgeschossen wurde. Man habe nicht gewusst, dass es sich um ein türkisches Flugzeug handle. Vermutet wird, dass Flugabwehr-Schützen möglicherweise geglaubt haben könnten, dass es sich bei dem Jet um einen desertierenden syrischen Piloten handeln könnte. Am Vortag war ein syrischer Pilot samt MIG nach Jordanien getürmt.

Widerspruch

All dem entgegen stehen aber die Aussagen türkischer Politiker. Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan sagte etwa, dass der Flieger in internationalen Gewässern abgeschossen worden sei. Wobei der türkische Präsident Abdullah Gül einräumte, dass es zuvor möglicherweise eine Luftraumverletzung gegeben haben könnte. Zugleich aber sagte Gül, dass derartige geringfügige Verletzungen vorkämen. Außenminister Ahmed Davutoglu gab an, dass das unbewaffnete Flugzeug auf einem Trainingsflug unterwegs war, über Funksignale klar als türkischer Jet gekennzeichnet gewesen sei und dass es keinerlei Warnung seitens der syrischen Luftabwehr gegeben habe, obwohl alle Funk-Kanäle offen waren.

Der Abschuss bringt die Eskalation der Lage in Syrien jetzt ganz dramatisch wieder auf internationalen Level – und das, während in Syrien selbst seit der Vorwoche täglich rund 100 Menschen bei ausufernden Kämpfen sterben. Die Türkei ist ein NATO-Land. Wird der Abschuss als Angriff gewertet, so könnte der Bündnisfall geltend werden – der die NATO-Mitgliedsstaaten zu kollektiver Selbstverteidigung verpflichtet.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon äußerte sich denn auch „tief besorgt" über den Abschuss. Er fürchte „mögliche ernsthafte Auswirkungen" für die Region. Und auch der Iran, ein enger Verbündeter des syrischen Regimes, der sich äußerst selten zur Lage dort äußert, mahnte Syrien und die Türkei zur Zurückhaltung.

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