Politik

Volksbegehren im Reality-Check

Am Donnerstag startet die Eintragungswoche für das Volksbegehren Bildungsinitiative. Die wichtigsten Forderungen - und was die Koalition dazu jeweils getan bzw. geplant hat.

Weniger Bürokratie in der Schulverwaltung

Die Forderung Bezirks- und Landesschulräte werden aufgelöst; das Ministerium gibt die Bildungsziele vor, die Direktoren erhalten mehr Freiheiten.
Der Regierungsplan Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) wollte eine Reform nach diesem Muster - und gab sie nach heftigem Widerstand der Länder wieder auf.

Aufwertung der Kindergärtnerinnen

Die Forderung Der Bund soll von den Gemeinden die Zuständigkeit der Kindergärten übernehmen; Kindergärtnerinnen sollen eine akademische Ausbildung mit den Lehrern erhalten.
Der Regierungsplan Die neue Lehrer-Ausbildung soll auch die Kindergärtnerinnen umfassen - allerdings erst in zehn Jahren. An den Zuständigkeiten wird nicht gerüttelt.

Weitgehendes Aus für das Sitzenbleiben

Die Forderung Einführung von modularem Unterricht und Kurssysteme, damit nur einzelne Module wiederholt werden und nicht eine ganze Klasse.
Der Regierungsplan Die Umstellung auf ein Modul-System ist für die Oberstufe schon beschlossen.

Gemeinsame Schule bis zum Ende der Schulpflicht

Die Forderung Die Trennung der Kinder "nach ihren Interessen und Begabungen" soll "erstmals am Ende Schulpflicht" erfolgen.
Der Regierungsplan Eine gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen ist nicht in Sicht. Die ÖVP will das Gymnasium beibehalten; in den kommenden Jahren werden jedoch sukzessive alle Hauptschulen zu Neuen Mittelschulen umgewandelt.

Aufwertung des Lehrberufs plus neues Dienstrecht

Die Forderung Gemeinsame universitäre Aus- und Weiterbildung aller Pädagogen vom Kindergarten bis zur Oberstufe; modernes Dienst- und Besoldungsrecht bis zum Jahr 2013.
Der Regierungsplan SPÖ und ÖVP haben sich schon darauf geeinigt, dass künftig alle Pädagogen eine gemeinsame Grundausbildung absolvieren sollen. Bis 2013 soll die "Lehrer-Ausbildung neu" beschlossene Sache sein. Mit der Umstellung auf das Bachelor-/Master-System soll es einfacher werden, zwischen den Institutionen zu wechseln, sodass man z. B. als Volksschullehrer nur einen Teil der Ausbildung nachholen muss, um an eine AHS zu wechseln.
Offen ist noch, ob die Universitäten oder die Pädagogischen Hochschulen federführend sein sollen; ÖVP-Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle plädiert für die Unis, SPÖ-Schulministerin Claudia Schmied will lieber die PHs zu "Pädagogischen Universitäten" aufwerten. Ungeklärt ist auch noch, ob alle Lehrer einen Master machen müssen oder ob für untere Schulstufen ein Bachelor-Abschluss reicht.
Das neue Lehrer-Dienstrecht wird von Unterrichtsministerin Schmied seit Jahren angekündigt - und ebenso regelmäßig wieder verschoben. Aktueller Stand: Es ist der "ambitionierte Plan" Schmieds, bis zum Sommer 2012 damit fertig zu sein.

Mehr Geld für die klammen Universitäten

Die Forderung Es soll einen verbindlichen Finanzierungsplan geben, der den Hochschulen zwei Prozent des BIPs ab dem Jahr 2020 zusichert - das wäre, grob gerechnet, im Vergleich zum aktuellen Hochschul-Budget eine zusätzliche Uni-Milliarde pro Jahr. Zusätzlich soll es eine Studienplatz-Finanzierung geben, die auch die Zahl der Studienplätze an den Unis regelt.
Der Regierungsplan Die Koalition hat sich eigentlich schon vor Jahren dem zwei-Prozent-Ziel verschrieben - allerdings nicht verbindlich. Die geplante "Töchterle-Milliarde" des ÖVP-Wissenschaftsministers bringt den Unis für die Jahre 2013 bis 2015 jeweils 300 Millionen zusätzlich - so viel wird benötigt, um den laufenden Betrieb auf aktuellem Niveau aufrechtzuerhalten.

Flächendeckendes Angebot an Ganztagsbetreuung

Die Forderung Krabbelstuben, Kinderkrippen und Kindergärten und auch Schulen sollen im ganzen Land den ganzen Tag verfügbar sein - bis spätestens 2020.
Der Regierungsplan Aktuell gibt es 105.000 Ganztagsbetreuungsplätze für Kinder. Im Schuljahr 2011/'12 sollen es 120.000 und bis 2015 210.000 sein.

Steigerung der Akademiker-Quote auf 40 Prozent

Die Forderung Derzeit schließen in Österreich 22 % eines Jahrgangs ein Hochschulstudium ab, im OECD-Schnitt sind es 36 Prozent. Bis 2020 soll mit einer jährlichen Steigerung von 2 Prozentpunkten die 40-Prozent-Marke erreicht werden.
Der Regierungsplan Die Koalition hat sich ebenfalls den 40 Prozent verschrieben - im Rahmen der EU-2020-Ziele. Erreicht werden könnte das (teilweise) auch durch eine System-Änderung: Viele Abschlüsse, die anderswo als "akademisch" gelten, fallen in Österreich (noch) nicht in diese Kategorie.

Unterstützung: Wann, wie & wo

Eintragungsfrist Von 3. bis 10. November liegt das Volksbegehren Bildungsinitiative zur Unterschrift am Gemeinde-/Bezirksamt bzw. Rathaus auf. Unter der Woche muss mindestens von 8 bis 16 Uhr geöffnet sein (an zwei Werktagen bis 20 Uhr), am Wochenende zumindest zwei Stunden zwischen 8 und 12 Uhr.