Politik

Viele Fragen nach Lauras Tod im Spital

Laura kann bald beerdigt werden. Das vierjährige Mädchen aus Leoben war, wie berichtet, am 16. Juni nach Komplikationen bei einer Zahn-OP in Vollnarkose gestorben. Die Gerichtsmedizin Graz stellte als unmittelbare Todesursache jetzt eine unbeherrschbare Hirnschwellung fest. Wei­tere chemische Analysen werden noch Tage beanspruchen, um über den Lungenkrampf während der OP und den Einsatz des Nar­kosemittels Propofol Aufschluss geben zu können.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter dem Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung. Die Familie des toten Mädchens hat den Wiener Anwalt Alfred Boran mit der recht­lichen Abwicklung betraut. Er ist jetzt schon angriffslustig. "Zu sagen, die Sache stinkt, ist unseriös. Aber da ist etwas passiert, dem gehe ich ganz genau auf den Grund." Er müsse sich aber erst einlesen und die Familie treffen.

Schadenersatzklage

"Es ist eine Tragödie. Wir werden die Klinik auf jeden Fall auf Schadenersatz verklagen", sagt Lauras Vater Michael Raidl. "Meine Frau und ich haben jede Minute an Lauras Bett verbracht, mit ihr geredet." Ob das komatöse Kind noch etwas wahrnehmen konnte, weiß Raidl nicht. Wie sein Vater geht er von einer Panne bei der OP aus. "Uns wurde gesagt, der Intubationsschlauch sei verrutscht", sagt Großvater Franz Raidl. Acht Zeugen, die das gehört hätten, könne er nennen. "Unser Enkel ist pumperlg’sund hinein ins Spital."

Warum Laura zehn schwer kariöse Zähne hatte, die ihr im Kinderchirurgischen Zentrum in Graz unter Vollnarkose entfernt werden sollten, kann sich der Vater nicht erklären: "Sie hatte von klein auf schlechte Zähne. Dabei haben wir immer mit ihr geputzt, am Morgen und am Abend." Laura habe auch nicht übertrieben oft süße Säfte getrunken und nicht zu viel genascht. Vielleicht gebe es eine familiäre Veranlagung. "Ich hatte schlechte Zähne, die Kinder meiner Schwester auch." Die Zahnärztin des Kindes in Leoben habe zuletzt zu einer Opera­tion in Graz gedrängt. Warum unter Vollnarkose? "Laura hat den Mund nicht aufgemacht."

Zahngesundheit: Jedes zweite Kind hat Karies

Das Bundesinstitut für das Gesundheitswesen führt Statistik. "Ab dem sechsten Lebensjahr haben 50 Prozent der Kinder zumindest einen kariösen Zahn", erklärt Gabriele Sax. Für das Alter von 0 bis 3 Jahren hat eine Klinik im deutschen Jena eine Studie durchgeführt. Je nach Region weisen 10 bis 50 Prozent der Kleinkinder schwere Karies auf. Das Ergebnis gilt auch für Österreich als repräsentativ.

"Es fängt mit der Pflege ab dem ersten Zahn an", mahnt die Wiener Kinderzahnärztin Irene Zifko elterliche Pflichten ein. Spätestens ab dem zweiten Lebensjahr sollte man zum Kinderzahnarzt gehen. Vererbung schlechter Zähne gebe es nicht.

Als Hauptursache nennt die Medizinerin Ernährungsfehler. "In normalem Maß ist alles erlaubt. Aber das Dauernuckeln von süßen Tees und Säften ist das Schädliche." Karies könne sich entzündlich auf den ganzen Körper auswirken. Die Überprüfung der Zahngesundheit gehöre dringend in den Mutter-Kind-Pass aufgenommen. Zahnarzt Claudius Ratschew aus Wien bekrittelt: "Der Staat nimmt die sozialpolitische Verantwortung für Kinder nicht wahr. Die Kinderzahnheilkunde muss aufgewertet werden."

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