Politik

Vatileaks: Papst-Diener vor Gericht

Es war der Butler – soviel hat Paolo Gabriele bereits gestanden. Der Prozess gegen den ehemaligen Kammerdiener von Papst Benedikt XVI. wurde am Samstag im kargen Gerichtssaal hinter der Peterskirche eröffnet. Der Beschuldigte saß zwei Stunden lang regungslos vor dem Richter; das Verfahren wurde auf Dienstag vertagt, an dem Gabriele auch aussagen soll.

 Der Diener soll Kopien brisanter Dokumente des Heiligen Vaters direkt von dessen Schreibtisch im Apostolischen Palast gestohlen und an die Medien weitergegeben haben. Darin sei von einem Mordkomplott gegen den Kirchenführer die Rede gewesen, sowie von dubiosen Geschäften der wiederholt in Verruf geratenen Vatikan-Bank. In Gabrieles Wohnung wurden auch Geschenke und ein 100.000-Euro-Scheck an den Papst gefunden. Gabriele drohen bis zu vier Jahre Haft.

Die Anklage lautet auf schweren Diebstahl – nicht jedoch auf Gefährung der Sicherheit des Papstes. So will sich der Vatikan, wie Beobachter glauben, eine genauere Beleuchtung der gestohlenen Akten ersparen. Auch soll der Prozess in Kürze abgehandelt werden: Es ist möglich, dass schon nächste Woche ein Urteil fällt.

Flügelkämpfe

Der 46-jährige Angeklagte reichte viele seiner Kopien an den Journalisten Gianluigi Nuzzi weiter, der daraufhin mit seinem Buch "Seine Heiligkeit" einen Bestseller landete. Die Akten und das Buch zeichneten vom Kirchenstaat das Bild einer Ränke schmiedenden Schlangengrube, in der der Papst nicht durchgreifen kann. Die Spekulationen über Flügelkämpfe hinter den Mauern des Petersplatzes rissen nicht mehr ab.

Wieso der dem Papst tief ergebene Kammerdiener, Vater dreier Kinder, die Geheiminformationen veröffentlichte, weiß bisher niemand. Einst gab er an, er sehe sich selbst als "Verbindungsmann des heiligen Geistes gegen das Böse und die Korruption". Der Papst wolle für Sauberkeit sorgen, doch man hindere ihn daran. Er, Gabriele, wolle also auf seine Art, für einen "heilsamen Schock" sorgen. Ein Gutachten spricht im Falle des Dieners von einer "instabilen" Persönlichkeit mit Hang zur Paranoia. Zudem sagte Gabriele in einem mit Nuzzi geführten Interview, dass zwanzig Personen im Vatikan an seiner Seite stünden. Ob er tatsächlich Hintermänner hatte, könnte für immer unklar bleiben.

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