Politik

Ungarn: Präsident geht nach Plagiatsaffäre

Jetzt hat es auch ihn ereilt, das "Guttenberg-Schicksal". Wie der deutsche Ex-Verteidigungsminister hatte Ungarns rechts-konservativer Staatschef Pal Schmitt den Großteil seiner 1992 verfassten Dissertation abgeschrieben – was ihn in der Vorwoche zunächst den Doktortitel und nun auch das Präsidentenamt kostete. Nach tagelangen, Partei-übergreifenden Protesten erklärte der einstige Fechter und Sportfunktionär am Montag seinen Rücktritt. "Das Staatsoberhaupt verkörpert die Einheit der Nation", sagte Schmitt im ungarischen Parlament. "Das bedeutet, dass es meine Pflicht ist, von meinem Mandat als Präsident zurückzutreten, wenn meine persönliche Angelegenheit mein geliebtes Land eher spaltet als vereint."

Ungarns Parlament hat daraufhin am Montagnachmittag die Rücktrittserklärung mit überwältigender Mehrheit gebilligt.

Vorige Woche hatte eine Untersuchungskommission der Budapester Semmelweis-Universität festgestellt, dass Schmitt mindestens 197 Seiten seiner 215-seitigen Dissertation "Analyse der Programme der neuzeitlichen Olympischen Spiele" abgekupfert hatte. Dass er dennoch den Doktortitel erhielt, sei allerdings nicht sein Vergehen gewesen. Die Uni hätte die mangelhafte Arbeit gar nicht bewerten dürfen. Schmitt hat deshalb angekündigt, die Aberkennung des Titels anzufechten.

Premier stand hinter Schmitt

Dass Schmitt abdankte, kam überraschend. Noch am Freitag hatte er einen Rücktritt abgelehnt. Er habe seine Doktorarbeit nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben, sagte Schmitt in einem TV-Interview. Niemand habe ihn je darauf aufmerksam gemacht, dass er Fehler gemacht habe; die Untersuchungskommission der Uni habe ihn "nie angehört". Zudem, so Schmitt, hätten die Plagiatsvorwürfe keinerlei Zusammenhang mit seiner Arbeit als Präsident.

Doch nicht nur in der Opposition und in weiten Teilen der Bevölkerung – am Freitag demonstrierten in Budapest Hunderte Menschen –, sondern auch innerhalb der rechten FIDESZ-Partei von Premier Viktor Orban wuchs der Unmut gegen Schmitt. Orban selbst, der Schmitt 2010 auf den Posten gesetzt hatte, blockte alle Proteste bis zuletzt ab. "Der Staatspräsident ist unantastbar", wies er Forderungen zurück, er solle Schmitt absetzen.

Orban, der in der EU wegen seines autoritären Regierungsstils schon lange umstritten ist, hat in den vergangenen Monaten auch zu Hause an Popularität eingebüßt. Dass Schmitt den Protesten nun nachgab, ist für den Premier ein weiterer schwerer Schlag.