Politik

Trotz Vorwürfen sind 35 Pfarrer im Amt

Neun Bischöfe erhalten demnächst Post mit brisantem Inhalt. Die "Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt", bei der sich laut eigenen Angaben schon 400 Opfer gemeldet haben, nennt für jede Erzdiözese, darunter eine deutsche, Namen. Es sind die Namen von Beschuldigten und Verurteilten, die sich an Kindern und Jugendlichen vergriffen haben sollen, aber weiterhin in Amt und Würden sind.

Konkret handelt es sich um 35 Pfarrer, zwei Angestellte und drei Laienmitarbeiter, die von Missbrauchsopfern belastet werden. Die Schreiben gehen ins Detail: "Zeiten, Orte, konkrete Vorwürfe und Namen" sind enthalten, sagt Sepp Rothwangl von der Plattform.

Und er übt heftige Kritik, denn Rothwangl zufolge sind die Namenslisten den Bischöfen nicht neu. "Es ist das System in der Kirche, das Täter nicht zur Rechenschaft zieht." Durch Versetzungen – auch ins Ausland – fänden nur oberflächliche Bereinigungen statt. Für die Opfer sei dies "entwürdigend, beschämend und eine Missachtung der Vorfälle". Die Plattform fordert Konsequenzen. Im Klartext: den Rausschmiss der Genannten.

Die Forderung wirft eine bisher ungeklärte Frage auf: Wie soll die Kirche mit Beschuldigten verfahren?

Vor zwei Jahren beschloss die Bischofskonferenz Leit­linien, wie mit verurteilten pädophilen Gewalttätern in den eigenen Reihen umzugehen ist. Oberstes Gebot: Kein Kontakt mit Kindern und Jugendlichen. Bevor eine neue Aufgabe für sie gesucht wird, werden mehrere Kriterien abgewogen, ein Psychiater beigezogen. "Ein Fehltritt, und er ist für immer und ewig draußen", das gebe es nicht, sagt Paul Wuthe, Mediensprecher der Bischofskonferenz.

Die Handhabe bei Be­schuldigten ist eine Gratwanderung. Aus strafrechtlicher Sicht sind sie unschuldig. Das ist zumeist einem Umstand geschuldet: Da die Opfer oft erst nach Jahrzehnten ihr Schweigen brechen, sind die Fälle verjährt.

Reform


Wuthe kennt die Problematik. Es gebe aber keinen Automatismus. "Ein Beschuldigter hat Rechte", müsse "gehört werden". Da die eingerichtete Klasnic-Kommission auch in Zweifelsfällen den Opfern helfe, heiße dies nicht, dass der Beschuldigte zwangsläufig "ein Täter" sei. Die Bischofskonferenz arbeitet laut Wuthe an einer "Präzisierung" der Regeln, um auch für Grenzfälle klare Regeln zu haben.

Was geschieht mit den 40 Personen? Wuthe: Man werde sich "die Namen ganz genau anschauen. Ich gehe davon aus, dass es eine differenzierte Antwort geben wird."