Töchterles erste Bilanz als Uni-Minister
Karlheinz Töchterle ist seit einem Jahr Wissenschaftsminister. Im Interview zieht er Bilanz zu Unis, ÖVP-Krisen und das „Anfüttern“ durch Einladungen.
KURIER: Was hat sich für die Studenten gebessert, seit Sie Minister sind?
Karlheinz Töchterle: Konkret hat sich gebessert, dass es statt der verpflichtenden Voranmeldung künftig eine vorverlegte Inskriptionsfrist gibt. Bisher wussten die Unis im Dezember, wie viele Studenten sie im Oktober gehabt haben werden – ein klassisches Futurum Exactum. Jetzt wissen sie am 5. September Bescheid und können besser planen.
Das nächste ist die Hochschul-Milliarde: Mehr Geld heißt bessere Qualität. Die Studenten sind offenbar nicht ganz so zufrieden: Am Donnerstag wurden Rektorat und Audimax der Uni Wien besetzt. Erwarten Sie neue, starke Proteste?
Wir werden sehen. Proteste müssen jedenfalls in sachliche und wertschätzende Diskussionen münden. Mir ist auch wichtig, dass der Lehr- und Forschungsbetrieb nicht gestört wird – das wäre unfair gegenüber einer großen Mehrheit der Studenten.
Bei Uni-Gebühren und Zugangsregeln gab es Stillstand. Was kann sich bis zur Wahl 2013 bewegen?
Bei den Studienbeiträgen wird es Bewegung geben – auch ohne die SPÖ. Die derzeitige Gesetzeslage eröffnet den Unis im Rahmen ihrer Autonomie Spielräume, Beiträge einzuheben – einige Unis wollen das nutzen. Spätestens der Verfassungsgerichtshof wird eine endgültige Klärung bringen – hoffentlich rasch. Bei den Zugangsregeln bin ich zuversichtlich. Die SPÖ hat signalisiert, dass sie unter bestimmten Rahmenbedingungen Zugangsregeln in Massenfächern akzeptiert. So darf es insgesamt nicht weniger Studienplätze geben, das will ich auch nicht.
Sie haben, mit Staatssekretär Kurz, die besten Umfrage-Werte im ÖVP-Team. Schauen Sie auf das?
Ja, schon. Es ist für mein Arbeiten gut und beflügelt mich. Es macht intern und extern vieles leichter. Sie sind nicht ÖVP-Mitglied. Sorgen Sie sich trotzdem, angesichts der der schwachen Umfragewerte? Ich fühle mich mit der ÖVP solidarisch, bin gerne in ihrem Team. Es stört mich, wenn alles, was im U-Ausschuss zutage kommt – und das sind teilweise auch Kleinigkeiten –, so stark und so massiv und so negativ daherkommt.
Wie die Jagd-Einladungen von Tirols Landeshauptmann Platter?
Ich kenne Günther Platter sehr gut und weiß, wie er das ganze angegangen ist. Er hat voriges Jahr die Jagdprüfung gemacht. Von mehreren Seiten wurde ihm gesagt, das gehöre zu einem Tiroler Landeshauptmann dazu. Auch Südtirols LH Luis Durnwalder hat zu ihm gesagt: Ein Tiroler Landeshauptmann muss doch jagern gehen!
Muss er?
Mag sein. Ich selber gehe jedenfalls nicht jagern. Aber Günther Platter lässt sich dadurch sicher nicht korrumpieren.
Worauf darf man sich als Politiker einladen lassen?
Diese Debatte hat auch ihr Gutes: Sie erhöht die Sensibilität. Früher haben wir gar nicht darüber nachgedacht, dass etwas ein Problem sein könnte. Allein das zeigt, dass man sich nicht als bestochen gefühlt hat. Wenn man sich subjektiv nicht bestochen fühlt, ist man dann bestochen? Ich glaube nicht.
Wähler könnten das anders sehen.
Letztlich ist es eine Frage der objektiven und subjektiven Schuld, die wir seit der Griechischen Tragödie diskutieren. Subjektiv ist Platter schuldlos – das muss man ihm zugestehen. Objektiv ist er es vielleicht nicht, das mögen andere beurteilen.
Werden Sie künftig anders mit Einladungen umgehen?
Die Debatte, so unerfreulich und übertrieben sie bisweilen war, hat uns sensibler gemacht. Das ist gut. Aber wir sollten nicht übers Ziel schießen. Ein übertriebener Puritanismus passt nicht zu uns. Das ist ein angloamerikanischer und skandinavischer Import. Gewisse Dinge darf man ja gar nicht mehr sagen. Es tut mir als Philologen weh, dass es Sprechverbote gibt, die dann zu Denkverboten werden. Es muss erlaubt sein, Dinge zu sagen, ohne sofort im Eck zu stehen.
Wie Tirols Wirtschaftskammer-Boss Bodenseer, der dieser Tage für die Wiedereinführung der Todesstrafe in „krassen Fällen“ plädiert hat?
Ich teile bei Gott nicht seine Auffassung und es war nicht klug, das so zu sagen. Aber es muss erlaubt sein, offen zu Dingen Stellung zu nehmen, ohne dass man gleich von allen Seiten niedergeprügelt wird.
Noch einmal: Werden Sie mit Einladungen künftig anders umgehen?
Ich habe keine Lust, mich in diese Debatte hineinziehen zu lassen. Ich mag aber auch nicht mit einem Schild herumlaufen: Ich habe meine Karte selber bezahlt. Das ist mir zu deppert. Deswegen habe ich die Einladungen zu den Festspielen in Salzburg und Bregenz zurückgelegt.
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