Politik

SPÖ-Basis murrt über Schlingerkurs

Wenn die SPÖ am Samstag in St. Pölten ihren Parteitag abhält, werden heftige Debatten nicht ausbleiben. Ein KURIER-Rundruf in den Bundesländern zeigt: In der Basis rumort es.

Viele Funktionäre haben das Gefühl, die Partei lasse sie in den Stammtisch-Debatten über Berufsheer oder U-Ausschuss im Regen stehen. Mit Kritik wird nicht gespart. Der oberösterreichische Landtagsabgeordnete Josef Eidenberger meint etwa: "Für die Mir-san-mir-Mentalität der Wiener SPÖ-Zampanos braucht man dann und wann schon einen starken Magen." Und Martina Schröck, Stadträtin in Graz, sagt "Es gibt einen Unmut, vor allem aufgrund des Umgangs mit der Inseratenaffäre."

Das macht sich auch in der Wählergunst bemerkbar: Im OGM-Vertrauensindex büßen die SPÖ-Spitzen teils massiv an Vertrauen ein. Parteichef Werner Faymann verlor zuletzt elf Prozentpunkte, sein Vertrauter Josef Ostermayer gar 17 Punkte. Abgestraft wurde auch Verteidigungsminister Norbert Darabos: Sein Berufsheer-Kurs schickt ihn mit Abstand auf den letzten Platz im Vertrauensindex.

Die Parteispitze versucht, vor allem mit dem Thema Gerechtigkeit die Reihen zu schließen: SPD-Chef Sigmar Gabriel wird am Samstag dazu referieren, Finanzstaatssekretär Andreas Schieder hat entsprechende Steuerpläne präsentiert.

Neben dem Gerechtigkeitsthema gibt es noch mehr als 100 weitere Anträge. Heikle Themen wie Berufsheer oder Studiengebühren wurden aber bewusst ausgespart. In Diskussionsrunden Freitagabend sollten die Delegierten Dampf ablassen. Vielen ist das zu wenig – die Studentenvertreter des VSStÖ haben schon Protestaktionen angekündigt.

"Über heikle Themen reden"

Alle Inhalte anzeigen

Steiermark - Einen "Unmut in der Partei" ortet die Grazer SPÖ-Chefin Martina Schröck. Sie schließt sich der Kritik an: "Den U-Ausschuss hätte ich anders gehandhabt." Das Berufsheer-Konzept findet sie "noch nicht ausgereift". Daher sei es "noch zu früh für eine Volksbefragung." Beim Thema Studiengebühren ärgert sie, "dass wir das immer wieder diskutieren müssen. Die SPÖ kann niemals für Studiengebühren eintreten." Schröck findet: "Es wäre klug gewesen, diese heiklen Themen am Parteitag mitzudiskutieren."

"Volksbefragung zu Unigebühren"

Alle Inhalte anzeigen

Gewerkschaft - Nationalrat Josef Muchitsch ist Chef der Baugewerkschaft. Er rechnet mit einem passablen Ergebnis für Kanzler Faymann. Das Gerechtigkeitsthema begrüßt er ausdrücklich. Bei der Wehrpflicht ortet er unterschiedliche Ansichten in der Partei: "Es ist gescheit, dieses Thema nicht über ein Parteidiktat zu lösen." Für ihn fix: "Man muss etwas tun beim Heer – auch wenn die Wehrpflicht bleibt." Und zu Uni-Gebühren: "Vielleicht haben wir verabsäumt, das gleich am 20. Jänner mitzuentscheiden."

"Urabstimmung über Berufsheer"

Alle Inhalte anzeigen

Niederösterreich210 Unterstützer hat er schon: Werner Rochlitz, Gewerkschafter und Gemeinderat in Klosterneuburg, hat die Initiative "Sozialdemokraten gegen ein Berufsheer" ins Leben gerufen. "Wir fordern eine Urabstimmung aller Parteimitglieder in dieser Frage", fordert er. Auch der U-Ausschuss regt ihn auf: "Ich halte die Performance aller Parlamentsparteien im U-Ausschuss für verbesserungswürdig." Die Optik sei "katastrophal" gewesen.

"Es könnte besser laufen"

Alle Inhalte anzeigen

KärntenDer ehemalige Wolfsberger Bürgermeister Gerhard Seifried ist für seine kritische Linie gegenüber der Partei bekannt. Wenn er jetzt sagt, die SPÖ stehe "sehr stabil" da, hat das Gewicht. Nicht so euphorisch sieht er hingegen die Performance der Parteispitze: "Da könnte das eine oder andere besser laufen." Dass beispielsweise nicht alle in der Partei in der Bundesheer-Diskussion hinter Minister und Kanzler stehen, "erschwert die Überzeugungsarbeit."

"Über kritische Geister freuen"

Alle Inhalte anzeigen

Salzburg – "Da ist eine Partei, die lange Nummer eins ist und den Kanzler stellt. Aus Sicht der Funktionäre wird in manchen Dingen aber zu wenig umgesetzt", meint Bundesrat Robert Zehentner. Dass heikle Themen vom Parteitag ausgeklammert werden, versteht er: "Da ist man immer recht harmoniebedürftig." Er ist aber überzeugt: "Eine Abstimmung über diese Themen ist zu gewinnen." Kritischen Stimmen kann er etwas abgewinnen: "Die Partei sollte sich freuen, kritische Geister in ihren Reihen zu haben."

"Kanzler in den U-Ausschuss"

Alle Inhalte anzeigen

Studenten –Mit "bunten, auffallenden Aktionen" will der VSStÖ beim Parteitag aufzeigen. Kernaussage der Bundesvorsitzenden Jessica Müller: "Wir hätten das Thema Studiengebühren gerne am Parteitag abgestimmt." Kompromiss der Bundespartei ist die Schaffung einer Arbeitsgruppe. Querschüsse von SPÖ-Landeschefs bezeichnet sie als "Einzelmeinung." Kritik kommt auch am Kanzler: "Wir verstehen nicht, warum er nicht in den U-Ausschuss gegangen ist."

"Man braucht starken Magen"

Alle Inhalte anzeigen

Oberösterreich"Ich habe schon schlechtere Stimmungslagen erlebt. Wiewohl man für die Mir-san-mir-Mentalität der Wiener SPÖ-Zampanos schon dann und wann einen starken Magen braucht", meint der Landtagsabgeordnete Josef Eidenberger. Er kann sich nicht vorstellen, dass heikle Themen wie das "mehr als reformbedürftige Heer" am Parteitag ausgeklammert werden. "Da hat es in den letzten Wochen zu viele kontroversielle Wortspenden gegeben."

"Volksbefragung ist Schwachsinn"

Alle Inhalte anzeigen

Niederösterreich"Die Performance, die die Bundes-SPÖ derzeit an den Tag legt, ist eigentlich keine Performance", meint Niederösterreichs SP-Landtagspräsident Alfredo Rosenmaier. Es gebe "ganz gute Ansätze, die nicht weiter durchdacht werden, um sie gut zu verkaufen." Etwa beim Heer: "In dieser wichtigen Frage das Volk entscheiden zu lassen, das kaum Informationen hat, ist Schwachsinn." Und zum U-Ausschuss meint er: " Man geht natürlich lieber zum Heurigen." Aber ein Kanzler müsse das aushalten.

"Zügel zu lasch in der Hand"

Alle Inhalte anzeigen

Oberösterreich"Ich hätte mir gewünscht, dass der Kanzler vor dem U-Ausschuss aussagt. Jetzt sind den Spekulationen Tür und Tor geöffnet", klagt Michael Steffan, Vizebürgermeister in Ried im Innkreis. Die Stimmung vor dem Parteitag sieht er "gemischt". Bei den heiklen Fragen sieht er die SPÖ "orientierungslos": Er ist zwar eher pro Berufsheer, meint aber: "Es würde eine klare Linie hergehören." Die Volksabstimmung findet er unklug. Nachsatz: "Vielleicht hält Faymann die Zügel zu lasch in der Hand."

Berufsheer ist "nicht ausgereift"

Alle Inhalte anzeigen

Burgenland"Bei uns zu Hause läuft die Diskussion nur in eine Richtung – für die Beibehaltung des Bundesheeres, wie es ist", meint der frühere Landesrat Josef Tauber. Die aktuellen Vorschläge seien "nicht ausgereift". Geht die Volksabstimmung für die Wehrpflicht aus, legt er Verteidigungsminister Darabos den Rücktritt nahe: "Normalerweise hat man Konsequenzen gezogen." Kritik übt er auch am Kanzler: "Ich wäre dem U-Ausschuss Rede und Antwort gestanden."

Mehr zum Thema

  • Hintergrund

  • Kommentar

  • Hintergrund