Politik

Schüssel zahlte einen viel zu hohen Preis

Der eine ist tot, der andere schweigt. Über den Gründervätern der schwarz-blauen Koalition, Schüssel und Haider, liegen jedenfalls schwere Schatten. Selbst einst engste Gefolgsleute Haiders sinnieren heute, dass sein früher Tod eigentlich ein Glück für den Volkstribun war. Schüssel muss sich zu seiner Mitverantwortung für den nicht bloß auf Kärnten beschränkten Sumpf seiner Kanzlerjahre fragen lassen.

Dass sich der damalige ÖVP-Chef 2000 auf die Koalition mit dem ebenso fragwürdigen wie erfolgreichen blauen Aufsteiger einließ, hatte auch im Rückblick gute Gründe. Die SPÖ war nach 30 Kanzler-Jahren inhaltlich und personell völlig ausgelaugt. Die letzten Jahre der großen Koalition davor waren purer Stillstand, der Reformdruck war auf Explosionsniveau.

Haider war klug genug, sich selbst von allen Wiener Positionen fernzuhalten und sich auf seine Kärntner Bastion zurückzuziehen. Schüssel tat alles, ihn dort bei Laune zu halten, um in der Regierung mit der überraschend kompetenten Haider-Statthalterin Riess-Passer ein furioses und trotz aller Fehler vielfach gelungenes Reformprogramm umzusetzen.

Dass er da – wie der Betroffene es dieser Tage enthüllte – mit seiner damals fast uneingeschränkten Autorität als Parteiobmann den ziemlich Haider-kritischen Kärntner ÖVP-Obmann zum Verzicht auf eine Spitzenkandidatur zwang, klingt jenseits aller Partei-Statuten glaubhaft.

Teurer Tunnel, mieses Personal

Ungleich nachhaltiger als solche parteiinternen Machtdemonstrationen waren viele andere Konzessionen zur Befriedung des unruhigen Geistes in Klagenfurt. Vordergründig ist der nach allen fachlichen Kriterien auch von den ÖBB als unnötig und wirtschaftlich unverantwortlich taxierte Koralmtunnel mit mindestens 5,2 Milliarden Euro Kosten der größte finanzielle Schaden.

Nachhaltiger und echt demokratieschädigend sind die Konzessionen, die Schüssel dem Koalitionspartner personell machte. Für das blaue Regierungsteam reichte das Personal fachlich und teils auch charakterlich nicht aus. Für die Dutzenden Posten und Positionen, die Schüssel den Blauen in staatsnahen Betrieben zukommen ließ, schon gar nicht. „Die müssen auch etwas haben", habe der Kanzler seine Warnung vor der Bestellung des inzwischen berühmt gewordenen ewigen Rechtsanwaltsanwärters Graf zum Geschäftsführer im Forschungszentrum Seibersdorf beantwortet, erinnert sich sein ehemaliger Freund und Förderer Busek.

Und schließlich konnte oder wollte Schüssel manchen offensichtlichen Hinweisen zum Trotz nicht sehen, welches Korruptionssystem diverse Mitglieder der Haider`schen Buberlpartie errichteten. Die vom blauen Radikal-Kapitalisten und Nationalratspräsidenten Prinzhorn orchestrierte Privatisierungspolitik bot die Chancen. Schüssel wollte die Republik reformieren, vieles ist auch gelungen. Aber der Preis, den er der Haiderei dafür zahlte, war eindeutig viel zu hoch.

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