Prinzen-Unfall ohne Konsequenzen
Von Fritz Neumüller
Es ist so sicher wie das Amen im Gebet. Passiert auf Skipisten ein Unglück, wird der Ruf nach Beschränkungen laut. Gefordert werden etwa die generelle Helmpflicht oder eine Pistenpolizei.
Angesichts der angespannten Lawinensituation stellt sich diese Frage auch für Tourengeher und Freerider. Nicht erst seit dem Aufsehen erregenden Unglück des holländischen Prinzen Friso, der wegen Sauerstoffmangels weiterhin in Lebensgefahr schwebt. Dessen Begleiter überlebte am Freitag wegen seines Lawinenairbags, wie eine junge Wienerin die am Samstag in Salzburg ein Schneebrett lostrat.
Warum gibt es dann keine Pflicht zu Sicherheitsausrüstung im freien Gelände? Laut einer Studie des Schweizer Instituts für Lawinenforschung von 2010 überlebten von 262 Lawinenopfern mit ausgelöstem Airbag 97 Prozent. Auch das Standard-Notfallpaket – Lawinenpieps, Schaufel und Sonde – erhöht die Chancen auf eine Rettung aus der Lawine enorm.
Doch die Forderung nach einem Gesetz, dass bestimmte Ausrüstung vorschreibt oder es gar verbietet, bei gefährlichen Verhältnissen in die Berge zu gehen, stößt reihum auf Ablehnung.
„Es braucht sicher keine zusätzlichen Regulationen“, betont Michael Larcher, der Bergsportreferent des Alpenvereins. „Im Freizeitbereich sind Menschen in kleinen Gruppen unterwegs. Anders als im Straßenverkehr haben Entscheidungen in erster Linie Konsequenzen nur für sie selbst.“
Eigenverantwortung
In den Bergen müsse jeder sein Risiko selbst definieren. „Da hat der Staat nichts zu suchen. Wichtig sind aber Aufklärungsarbeit und Aus- und Weiterbildung“, betont Larcher. Hauptziel sei dabei nicht das möglichst unbeschadete Überleben in der Lawine, sondern das Auslösen eines Schneebretts überhaupt zu verhindern.
„Gesetze sind sinnlos, weil nicht exekutierbar“, meint auch Frank Lindenberg, Präsident der Österreichischen Bergrettung. „Wer soll denn das kontrollieren? Es ist besser, an die Vernunft der Wintersportler zu appellieren.“
Zumindest die Technik hat sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt: Verschüttetensuchgeräte arbeiten immer präziser, Lawinenrucksäcke haben ihre Kinderkrankheiten überwunden. Selbst für das richtige Ausschaufeln von Lawinenopfern gibt es heute genaue Anleitungen.
Kritik
„Wir raten unbedingt zu guter Vorbereitung und Training mit der Notfallausrüstung“, betont Lindenberg. Hier will die Bergrettung in Zukunft auch die heimischen Tourismuswerber stärker in die Pflicht nehmen: Die Gäste würden zwar mit tollen Aufnahmen gelockt, aber zu wenig auf alpine Gefahren aufmerksam gemacht werden.
„Jeder Tote ist einer zu viel“, sagt auch der Meteorologe Karl Gabl, zugleich Präsident des Kuratoriums für Alpine Sicherheit. „Allerdings hat sich die Zahl der Wintersportler im freien Gelände in den vergangenen Jahren vervielfacht, während die durchschnittliche Zahl der Lawinentoten seit Jahren konstant bleibt.“
Dass selbst ein Airbag kein Garant fürs Überleben ist, zeigte am Sonntag ein Unglück im Pinzgau. Ein 28-jähriger Freerider geriet unter eine Lawine und dürfte seinen Airbag nicht mehr rechtzeitig ausgelöst haben. Der Finne konnte erst nach Stunden geborgen werden und starb später im Spital.
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