Patienten raus aus der Drehtür!
Von Martina Salomon
Die Patientin suchte alle Spezialisten auf: Fachärzte begutachteten sie, teuerste Geräte wurden bemüht, Zweit- und Drittmeinungen eingeholt. Vergeblich. Sie landete erst wieder beim Praktiker. Drehtürmedizin nennt man das. Dabei hätte ein umsichtiger Hausarzt/eine Hausärztin erkennen können, dass die Ursache der Rückenbeschwerden eine massive psychische Belastung war. Die Frau fand wegen mangelnder Deutschkenntnisse keinen Job und wurde von ihrer Familie mies behandelt.
Solche Geschichten gibt es beim Praktiker zuhauf. Im allerbesten Falle nimmt man sich dort für die Patienten Zeit, erkennt das Problem, trifft Entscheidungen und bemüht sich um ein "Case Management", wie das auf gut Neudeutsch heißt. Das würde Vernetzung mit Sozialarbeitern und Psychotherapeuten, in anderen Fällen mit ambulanten Diensten (Pflege, Wundversorgung, Physiotherapie) bedeuten. Weil es diese ganzheitliche Sicht auf den "Fall" aber kaum gibt und Ärzte dafür weder ordentlich ausgebildet noch bezahlt werden, geht man oft lieber den bequemeren Weg. Also ab ins Spital oder zur Fachärztin mit der zeitaufwendigen Problempatientin, der man nicht nur schnell ein Pulverl verschreiben kann. Der Wartesaal ist schließlich voll.
Seit Jahrzehnten verspricht die heimische Gesundheitspolitik eine Aufwertung des Hausarztes. Und seit Jahrzehnten geschieht genau nichts. Ein internationaler Hausärztekongress in Wien hat (wieder einmal) festgestellt, dass Allgemeinmedizin nicht nur die reduzierte Summe aller Fächer ist. Sondern viel mehr. Das Schöne an dieser Erkenntnis: Wer den Allgemeinmediziner zum Gesundheitsmanager aufwertet, macht die Medizin menschlicher. Und das spart wahrscheinlich auch noch Geld, sicher aber Leid.