Politik

Neffen-Mafia schickt falsche Pfarrer

Sie haben international vernetzte Mafiastrukturen. Im Visier haben sie betagte Menschen. Die Rede ist von meist polnischen "Neffentrick-Banden". Neuerdings treten sie sogar als falsche Pfarrer auf.

Meistens geben sich die Betrüger am Telefon als Neffen aus, die in Deutschland leben. In einem Fall in Neulengbach meinte das Opfer, aufgrund des ausländischen Akzents einen persönlich bekannten Pfarrer aus Tulln am Telefon zu haben. Er bräuchte für einen Hauskauf nur vorübergehend 20.000 Euro in bar, sagte der Mann. Da er persönlich verhindert sei, würde er eine Bekannte zur Geldabholung vorbeischicken. Es erschien eine unbekannte, etwa 45 Jahre alte Frau, mit ebenfalls ausländischem Akzent. Die gutgläubige Neulengbacherin fragte nicht einmal nach einem Ausweis.

Diesmal funktionierte das Warnsystem nicht, das die Landespolizeidirektion Niederösterreich bei den Banken aufgebaut hatte. Denn hier sind alle Bankbediensteten sensibilisiert. Doch bei der Neulengbacherin dachte sich niemand etwas. Sie brauchte es ja für den allgemein bekannten Pfarrer.

Der nö. Kripochef, Hofrat Franz Wendler, kennt das kriminelle Netzwerk und verfolgt die Aktivitäten sehr genau. In einem illegalen Callcenter in Polen sitzen Telefonisten, die Listen abarbeiten. Es handelt sich um die Festnetzanschlüsse von Menschen mit Vornamen, die darauf schließen lassen, dass es sich bereits um betagtere Personen handelt. Namen wie Anna, Anne­marie, Berta oder Cäcilia.

Derzeit stehen der Großraum Wien mit Schwerpunkten in Mödling, Tulln, St. Pölten und Gänserndorf auf der kriminellen Agenda. Wenn der Telefonist mit seiner Arbeit beginnt, ist bereits ein Zugriffstrupp vor Ort. Diese Agenten beobachten die Opfer und führen auch die Geldübernahme durch.

Niederösterreich verbuchte im ersten Halbjahr etwa 200 Fälle. Im vergangenen Jahr wurden alleine in Wien auf diese Weise drei Millionen Euro erbeutet. Der höchste Einzelfall liegt bei 367.000 Euro.

Abwehrstrategie

Von den polnischen Behörden ist keine Hilfe zu erwarten. "Telefonieren ist ja nicht verboten", hat ein Verbindungsbeamter des Bundeskriminalamtes in Warschau zu hören be­kommen. Der niederösterreichische Landespolizeikommandant Franz Prucher setzt deshalb bei den Geld­instituten an. An jenem Ort, wo Opfer und Täter meist zusammenkommen. Für die Bankbediensteten ist das aber nicht leicht. Man kann nicht jedes Mal die Polizei rufen, wenn eine ältere Dame ihr Erspartes abhebt.

Besonders engagiert hat sich Sonja Fiegl, Bezirks­polizeichefin von Tulln. Sie hat mit den Bankern eine Strategie entwickelt. Die führen bei Verdachtsfällen einfühl­same Gespräche mit den Abhebern. So kann man im Fall des Falles Geldübergaben verhindern. In Tulln konnten so vergangenes Jahr drei Frauen vor den Be­trügern gerettet werden. Wenn’s um ältere Menschen geht, kann Fiegl sehr emotional werden. Und nach jedem Abwehrerfolg stellt sie sich mit einem Blumenstrauß bei den Bankbediensteten ein.

Tipp: So gehen Sie mit Betrügern um

Der Anrufer meldet sich ohne Namensnennung und erkundigt sich nach dem Wohlbefinden des Opfers. Dann kommt oft die Frage: "Wer glaubst du, bin ich?"

Brechen Sie Telefonate, bei denen Geld von Ihnen gefordert wird, sofort ab.

Lassen Sie sich auf keine Diskussionen ein und machen Sie Ihrem Gegenüber entschieden klar, dass Sie auf keine der Forderungen oder Angebote eingehen werden.

Bieten Sie dem vermeintlichen Verwandten an, dass Sie ihn unter jener Telefonnummer zurückrufen, die Sie sonst auch verwenden.

Bestehen Sie auf ein persönliches Treffen und geben Sie sich nicht mit einer Vertretung bei der Geldübergabe zufrieden.

Lassen Sie niemanden in Ihr Haus oder in Ihre Wohnung, den Sie nicht kennen.

Verwenden Sie zur Kontaktaufnahme mit solchen Personen die Gegensprechanlage oder die Türsicherungskette .

Versuchen Sie, sich das Aussehen der Person für eine spätere Personsbeschreibung genau einzuprägen.

Notieren Sie sich – sofern möglich – Autokenn­zeichen und Marke, Type sowie Farbe des vermut­lichen Täterfahrzeuges.

Erstatten Sie umgehend Anzeige bei der nächsten Polizeidienststelle (Notruf 133) .

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund