Mit Kaffee in ein besseres Leben
Von Romana Klär
Es ist ein leises, monotones Surrkonzert, wenn die Frauen ihre Holzrechen mit gleichmäßigem Schwung über den Asphalt ziehen. Sie drehen und wenden Millionen kleine helle Kaffeebohnen - die Ernte der Bauern und Bäuerinnen aus den Hügeln rund um Matagalpa. In den nächsten Monaten ist Hochsaison, um die kostbaren roten Früchte von den sattgrünen Stauden zu pflücken. Dann nimmt die Sonne Nicaraguas den für den Export bestimmten Bohnen die Feuchtigkeit. Fünf Tage dauert der Prozess - auch die Arbeiterinnen müssen sich in dieser Zeit mit Handschuhen, fester Hose und Tüchern um den Kopf vor den stechenden Sonnenstrahlen schützen.
Kooperieren
Droht trotz der tropischen Hitze ein Regenguss, packen sie die schwarzen Planen, auf denen der Kaffee liegt, vorübergehend zusammen. Umgerechnet vier Euro pro Tag bringen die Arbeiterinnen nach Hause. Gutes Geld in einem Land, in dem fast die Hälfte der Bevölkerung mit weniger als 1,5 Dollar pro Tag auskommen muss.
Der Boden Nicaraguas ist fruchtbar. Auf den Hängen gedeihen Mais, Bohnen, Mango und Mandarinen zur Selbstversorgung. Zwischen den Pflanzen ducken sich Hühner und Küken und schnüffeln Schweine nach Speiseresten. "Reis, Salz und Seife muss ich zukaufen", sagt Dionicia Valdivia, eine resolute, geschiedene Frau und Mutter von 13 Kindern. Seit sie ihren prügelnden Ehemann losgeworden ist, sorgt sie allein, aber besser für die Familie. Und dank Fairtrade, meint sie, braucht sie die Kaffee-Ernte nicht mehr kilometerweit mit dem Pferd mühsam über holprige Wege zur Sammelstelle bringen. Das übernimmt ihr Sohn jetzt mit dem Auto der Kooperative, über die der Kaffee zu einem besseren Preis abgenommen wird.
Eine fünfköpfige Familie braucht monatlich umgerechnet 470 Dollar. Das heißt, dass drei Personen im Haushalt den Mindestlohn nach Hause bringen müssten. Ein Kleinbauer verdient auf drei Hektar rund 4000 USD pro Jahr. Dazu kommen 500 USD Prämie von Fairtrade.
"Schön langsam bekommen auch die letzten Bauern mit, dass es besser ist, sich zu organisieren", meint Anselmo Valdivia, 51 Jahre alt, mit verschmitztem Lächeln. Als der Kaffeepreis vor ein paar Jahren in den Keller rasselte, sei er "fast vor Schrecken gestorben, Kokosnüsse waren fast teurer als Kaffee", erinnert er sich mit Schaudern an die Einbußen. Das war dann auch der Auslöser für den Bauern, bei Fairtrade mitzumachen, wo ihm ein Mindestpreis garantiert wird, "weil es Leute gibt, die schon auf unseren Kaffee warten". "Schon klar, dass man auch etwas für die Allgemeinheit machen muss", sagt der sechsfache Vater, der lieber die Fairtrade-Prämie zur Gänze in die Tasche oder doch zumindest in die neue Bepflanzung stecken würde.
Doch die Non-Profit-Organisation schaut auch darauf, dass für den Nachwuchs der Bauern etwas getan wird: Kinder unter zehn Jahren dürfen gar nicht mitarbeiten auf dem Feld. Sie müssen die Schulbank drücken. Danach ist die Mithilfe im kleinen Rahmen erlaubt. In vielen abgelegenen Dörfern gibt es jetzt auch Busse, die die Kinder zum Unterricht bringen. Ältere können um ein Stipendium ansuchen. Es wird aber auch in die Bildung von Erwachsenen investiert: Etwa in Workshops für Bäuerinnen, damit die mit ihrer schwierigen Familiensituation - Gewalt und viele Kinder - nicht alleine dastehen. Gesundheitsvorsorge wird ebenfalls großgeschrieben.
Kaffee: Wichtige Einnahmequelle
Exportgut Kaffee (342 Mio. USD/Jahr) zählt neben Fleisch, Gold und Zucker zu den
wichtigsten Rohstoffen, die
Nicaragua nach Europa und in die USA exportiert. Von den hohen Rohstoffpreisen profitieren die Bauern nur zum Teil.
Österreich Jeder Österreicher trinkt im Schnitt 162 Liter Kaffee pro Jahr. Nach Wasser ist er das beliebteste Getränk. Es gibt in Österreich rd. 600 Produkte mit Fairtrade-Gütesiegel - vielfach sind sie auch in Supermärkten erhältlich. 80 Prozent davon sind Bio-Produkte. Nähere Infos www.fairtrade.a
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