Kartnig-Prozess: Ankläger soll rausgekickt werden
Ich bin der Meinung, der Herr Staatsanwalt sollte ab morgen nicht mehr tätig sein." Der Wiener Strafrechtsexperte und Kartnig-Verteidiger, Richard Soyer, zündete am Dienstag im Sturm-Prozess eine Bombe. Zehn Tage vor der geplanten Urteilsverkündung hält er Ankläger Hannes Winklhofer für untragbar. "Der Staatsanwalt hat sich durch ständige polemische und provozierende Bemerkungen hervorgetan. Er ist dem äußeren Anschein nach nicht unbefangen." Jetzt muss der Leiter der Anklagebehörde, Thomas Mühlbacher, über den Antrag entscheiden.
Soll der Anwalt der Republik aus dem Verfahren gekickt werden, weil er scharf und unbequem ist? Soyer verneint im KURIER-Gespräch und beruft sich auf die Strafprozessordnung, Paragraf 47. Auch ein Staatsanwalt sei zur Objektivität, zu Für und Wider, verpflichtet. Für Kriminalbeamte gelte die Bestimmung im übrigen seit 2008 auch.
Heftige Scharmützel über Transferwerte und die Pfändung von Spielern im Konkursfall gingen dem Eklat voraus. Ausnahmsweise hielt sich der wortreiche Hannes Kartnig zurück. Ein Ex-Vorstand und Sturms Ex-Versicherungsagent aber zuckte aus, brüllte den Staatsanwalt an. "Sie behandeln mich wie einen Lausbuben. Sie verstehen nix und reden trotzdem daher."
"Größter Konkurs"
Winklhofers Konter: "Sie verstehen die Anklage nicht... Sie reiten einen Verein in den größten Konkurs. Sie sind dafür mitverantwortlich. Sie wollten keine Lohnsteuern zahlen, aber die Prämien für Versicherungen kassieren."
Richter Karl Buchgraber lächelte milde: Der Angeklagte solle eben Dampf ablassen. Später verhallte eine Belehrung zur Beruhigung. Vollprofi Soyer witterte seine Chance. Er wollte schon im Vorverfahren den Prozess aus Graz wegbringen.
Erst am 24. Oktober geht's weiter, für 28. sind die Urteile geplant. Am 27. feiert Kartnig seinen 60er - im Gericht bei den Schlussplädoyers.
Casinobesuche: Kartnig investierte 95 Millionen Schilling in seine Leidenschaft
Jetons im Wert von 95 Millionen Schilling hat Ex-Sturm-Präsident Hannes Kartnig gekauft. Der Grazer Casinodirektor Andreas Sauseng liest das aus seinen Unterlagen vor. "Kartnig ist erfasst worden. Das ist so, bei einem bestimmten Spielverhalten und bei bestimmten Spielhöhen."
Rückeingelöst wurden von 1998 bis 2006 Jetons im Wert von 58,1 Millionen Schilling. Den Differenzbetrag kann niemand schlüssig erklären: Spielverluste?
Zwei Grazer Finanzbeamte hatten sich akribisch an die Fersen des reichen Promi-Spielers geheftet, aber keinen Überblick erhalten. Es sei etwa im Jahr 2000 vorgekommen, dass Kartnig in der Hausbank vom Sturmkonto 694.362 Schilling behoben, eine Minute später 600.000 S auf ein privates Girokonto buchen habe lassen und bald darauf im Casino gewesen sei.
Kartnig dreht auf: Spielkapital sei das sicher keines gewesen. "Ich habe Sturm Geld vorgestreckt und dann eben zurückbekommen." Er lasse sich nicht pausenlos von diesen zwei Beamten anpatzen. "Sie werfen Schmutz über mich, das stört mich. Sie haben Unheil verbreitet, wo ich überall mitgeschnitten haben soll", ruft Kartnig erregt.