Politik

Kanzler-Ansage: „Wahlkämpfe müssen billiger werden“

KURIER: Herr Bundeskanzler, am Ballhausplatz stehen Oldtimer. Sind das die neuen Dienstautos?

Werner Faymann: (lacht) Nein, aber ich freue mich, wenn in Wien Filme gedreht werden. Seit es Dienstautos gibt, gibt es auch Diskussionen darüber. Auch Farkas und Waldbrunn haben im Kabarett schon Witze darüber gemacht. Für mich ist das ein Arbeitsplatz. Ich zahle dafür privat ganz genau 571 Euro und 20 Cent, das entspricht in etwa der Leasingrate. Die zuständige Bundesbeschaffungsagentur hat mit BMW einen Vertrag abgeschlossen, der dem Staat viel Geld spart und dabei bleibt es auch – ich stehe dazu.

Die Dienstwagen-Debatte zeigt aber auch, dass im Volk sowohl Vertrauen als auch Respekt gegenüber der Politik verloren gegangen ist. Das wollen Sie durch neue Transparenzbestimmungen zurückbekommen, die kommenden Freitag von der Regierung beschlossen werden.

Ja, da haben wir lange genug diskutiert, jetzt wollen die Menschen Gesetze, die werden wir am Freitag bei der Regierungsklausur beschließen.

Ein Thema ist das sogenannte „Anfüttern“ von Politikern. Hat schon jemand versucht, Sie „anzufüttern“?

Nein, ich war da immer sehr vorsichtig, ich habe mich auch nie auf Reisen einladen lassen. Umgekehrt verstehe ich, dass ein Bürgermeister, der an einem Abend auf fünf Bälle eingeladen wird, seine Karten nicht selbst zahlt. Ich werde mich vor jene stellen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Einladungen bekommen und annehmen, wenn sie nicht unangemessen sind.

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Wissenschaftsminister Töchterle hat die Salzburger und Bregenzer Festspiele abgesagt.

Es wird der Politik nichts bringen, wenn wir beschließen, nie wieder zu Festspielen zu gehen. Ich will volle Scheinwerfer auf unsere Tätigkeit, aber wir müssen auch zu dem stehen, was wir tun, und derartige Veranstaltungen gehören eben auch dazu. Wie heißt es so schön: Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben.

Aber ich frage nochmals, hat nie jemand versucht, Sie anzufüttern?

Nein. Und ich bitte doch, nicht alle unter Generalverdacht zu stellen. Das gilt sowohl für die Wirtschaft als auch für die Politik. Den Politikern sollte man wieder vertrauen, aber andererseits dürfen wir uns auch nicht endlos nach unten lizitieren lassen. Sonst gilt noch der Satz des legendären ÖGB-Präsidenten Toni Benya: „Irgendwann müssen wir Eintritt ins Parlament zahlen.“ Aber wir Politiker müssen auch anders miteinander umgehen. Hass hat hier keinen Platz. Wenn Ärzte so miteinander reden würden wie wir Politiker, würde sich niemand mehr in ein Krankenhaus trauen. Auf den Wettbewerb der FPÖ, wer hasst mehr, lassen wir uns nicht ein.

Aber wir sind uns einig, das Vertrauen in die Politik war noch nie so gering wie heute?

Ja, das gilt wohl für ganz Europa und liegt auch daran, dass die Leute das Gefühl haben, wir Politiker sind Getriebene der Finanzmärkte. Da steckt sogar ein Körnchen Wahrheit drin. Die Politik muss wieder stärker werden. Wenn Sie heute jemanden fragen: ,Wer hat mehr zu reden gehabt, Bruno Kreisky oder Werner Faymann?‘, werden die Leute sagen: Bruno Kreisky. Und wohl zu Recht, weil durch die Globalisierung viele Entscheidungen nicht mehr national sind. Kreisky hatte mehr Entscheidungsmöglichkeiten, das müssen wir gemeinsam in Europa zurückerobern.

Vielleicht liegt das auch daran, dass die Bundesländer oft aktiver sind als der Bund. So haben Salzburg und Vorarlberg schon beschlossen, dass ab 500 beziehungsweise 1000 Euro Spende an eine Partei diese Spende offenzulegen ist.

Parteispenden werden auch im Bund offenzulegen sein, bis jetzt haben wir über eine Grenze von 7000 Euro gesprochen, aber der Betrag, wo eine Spende veröffentlicht werden muss, wird sicher deutlich niedriger werden. Wir haben lang genug darüber diskutiert, am kommenden Freitag wird das beschlossen. Ich will eine Zweidrittelmehrheit erreichen, damit wir auch alle Bundesländer verpflichten können.

Sind 1000 Euro realistisch?

Es wird irgendwo zwischen 1000 und 7000 Euro liegen.

Das wird aber auch für alle Unternehmen gelten, die etwa der Wiener SPÖ gehören?

Ja, wir werden das in jedem Detail festlegen, es gilt auch für Personalsubventionen und Sachspenden an Parteien.

Da wird es weniger Spenden geben, oder?

Ja, aber die Wahlkämpfe haben sich auch verändert, die Wahlkämpfe werden billiger werden und auch mehr über die neuen sozialen Medien laufen. Ich bin auch für eine Obergrenze bei Wahlkampfkosten.

Wie wird Lobbying eingeschränkt?

Auch da wird es ein klares Gesetz geben, auch da gehört der Scheinwerfer drauf und natürlich eine Strafandrohung, wenn sich jemand nicht daran hält.

Der SPÖ-Abgeordnete Gartlehner hat als Telekomsprecher Geld von der Telekom bekommen. Auch in diesem Fall gilt „offenlegen, Scheinwerfer drauf“?

Ja, aber ich bin gegen ein Berufsverbot für Abgeordnete. Das wäre ein Albtraum, wenn alle Politiker lebenslang hauptberuflich Abgeordnete wären.

Haben Sie das schon Ihrem Klubobmann Cap gesagt, der sein Berufsleben im Parlament verbracht hat?

(lacht) Wir brauchen eine Mischung – Berufspolitiker, aber auch Leute aus der Wirtschaft.

Sind Sie auch gegen ein Persönlichkeitswahlrecht, wie Parteisekretär Kräuter, der meint, das würde nur Reichen nützen?

Nun, die Piraten legen ja nicht zu, weil sie so starke Persönlichkeit haben, sondern es liegt an der Ablehnung der Politik. Ich bin schon für ein Persönlichkeitswahlrecht, aber nur für einen Teil der Abgeordneten. In Deutschland wird die Hälfte der Abgeordneten direkt gewählt. Das wäre ein Beispiel, aber es gibt auch andere.

Würden Sie sich selbst zutrauen, direkt gewählt zu werden, obwohl Sie weder Großbauer noch Millionär sind, wie das Bundesgeschäftsführer Kräuter gesagt hat?

Ja, als ehemaliger Kommunalpolitiker traue ich mir das schon zu.

Transparenzgesetze und ein stärkeres Persönlichkeitswahlrecht, wird das reichen, damit die Politik wieder mehr Vertrauen gewinnt?

Beides ist wichtig, aber dazu kommt noch etwas, nämlich die europäische Dimension – zum Beispiel die Frage, wie viel müssen wir noch für Griechenland zahlen.

Gute Frage, sagen Sie mir, wie viel.

Jeder zweite Euro, den wir im Export verdienen, kommt aus der Euro-Zone, also brauchen wir den Euro, das ist die Lebensgrundlage. Jeder dritte Arbeitsplatz hängt am Export. Aber wir müssen endlich neben den Sparprogrammen in Europa wieder investieren, die Voraussetzung dafür werden aber gemeinsame europäische Staatsanleihen sein.

Davon werden Sie die deutsche Kanzlerin Angela Merkel überzeugen müssen.

Ja, erstens das und zweitens brauchen wir dafür eine europäische Volksabstimmung.

So etwas müssten Sie auch in Österreich einer Volksabstimmung unterwerfen.

Ja, dann werden wir erklären, dass gemeinsame europäische Anleihen den Bürgern mehr soziale Sicherheit bieten. Wir müssen Europa gemeinsam gestalten, sonst haben wir international keine Chance.

Mit welchem Gefühl beobachten Sie den U-Ausschuss?

Ich würde mir weniger Pauschalverurteilungen wünschen. Der Ausschuss muss politisch aufklären, aber die Justiz ist für Urteile zuständig, der Justiz vertraue ich, die müssen wir auch personell stärken, wenn es notwendig ist.

Soll der Ausschuss im Sommer beendet werden, wie das Minister Darabos im KURIER vorgeschlagen hat?

Das muss das Parlament entscheiden, da braucht es keine Zurufe von der Regierung.

Tut es Ihnen manchmal leid, dass Sie gerade diejenigen Medien, die die Politik eher schlicht darstellen, gerne auch Neiddebatten wie bei den Dienstautos führen, zu sehr gefördert haben?

Medien suchen manchmal zu sehr die negative Nachricht, wir sollten mehr Respekt voreinander haben. Die Redlichen im Land sollen stärker werden, diejenigen, die Hass verbreiten, sollen schwächer werden.

Wenn Sie schon gerne positive Schlagzeilen haben, wie wäre Ihre für morgen?

Unsere hohe Beschäftigung hängt an Europa.

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