Politik

Irans Botschafter: "Bezahlen jeden Preis"

Der Wirtschaftsfachmann Ebrahim Sheibany ist seit 2008 Irans Botschafter in Österreich. Zuvor war der in den USA ausgebildete Ökonom Chef der iranischen Zentralbank.

KURIER: Der Streit um das Atomprogramm verschärft sich. Die Verhandlungen bleiben stecken. Warum?

Ebrahim Sheibany: Wir versuchen Vertrauen aufzubauen, zu zeigen, dass unser Atomprogramm keine Geheimnisse birgt und wir damit nur friedliche Absichten verfolgen. Unser religiöser Führer Ali Khamenei hat sogar ein religiöses Dekret veröffentlicht, dass der Bau von Atombomben verboten ist. Welches andere Land hat das getan? Die USA? Israel? Was sollen wir denn noch tun?

Trotzdem ist die UN-Atombehörde IAEO unzufrieden.

Aber die IAEO kontrolliert doch schon alles. Hunderte Kameras sind in unseren Atomanlagen installiert. Das stört uns nicht. Aber die IAEO will militärische Anlagen kontrollieren, die mit unserem Atomprogramm nichts zu tun haben. Auf einmal hat alles mit dem Atomprogramm zu tun. Vielleicht kontrollieren sie ja demnächst die Taschen meines Anzugs ...

Was ist Ihr Problem mit der IAEO?

Zusammenarbeit beruht auch auf gegenseitigem Vertrauen. In jüngster Zeit sind fünf unserer Atomwissenschaftler ermordet worden. Und gewisse Staaten (Israel, Anm.) brüsten sich offen, dahinter zu stehen. Wir aber haben die Namen unserer Wissenschaftler nur an internationale Organisationen gegeben. Wie also kommen gewisse Terrorstaaten an diese Namen?

Treffen die internationalen Sanktionen den Iran wirtschaftlich?

Wir können nicht behaupten, dass die Sanktionen uns nicht schaden. Wir würden es natürlich bevorzugen, mit allen Staaten intensiv Handel zu betreiben. Aber wenn man uns Sanktionen auferlegt, unseren Handel unterbindet, dann verlassen wir uns eben auf uns selbst. Wir haben überall zurückgesteckt, haben versucht uns freundlich zu verhalten. Doch das Vorgehen einiger Staaten ist wirklich brutal. Welches internationale Recht erlaubt es, die Gelder der iranischen Zentralbank in Europa zu sperren? Das ist ein illegaler Akt. Wenn der Westen uns strangulieren will, werden auch wir tun, was möglich ist. Wir werden nicht einfach zuschauen, wie unser Geld verloren geht. Uns Iranern ist unsere Unabhängigkeit sehr kostbar. Wir bezahlen dafür jeden Preis.

Wie sehen Sie die Rolle eines kleinen Staates wie Österreich?

Die amerikanische Botschaft in Wien fordert österreichische Unternehmen auf, nicht mehr mit dem Iran zusammenzuarbeiten. Die sind also dazu gezwungen. Ganz Europa wird doch von einem, nein, von zwei Ländern (USA und Israel, Anm.) manipuliert. Da hat ein kleines europäisches Land nicht das politische Gewicht, um sich ernsthaft dagegen zu stellen. Das ist eine gefährliche Entwicklung, nicht nur für den Iran, sondern vor allem für Europa.

Kann der Iran die Blockade umgehen?

Wenn es sein muss, verlassen wir eben den europäischen Markt. Wir finden andere Handelspartner. Schließlich sind wir ja an Sanktionen seit Langem gewöhnt. Unser Handel mit China hat sich in fünf Jahren verzehnfacht, mit Indien ist es ähnlich. Aber wir stützen uns nicht nur auf diese zwei Staaten. Wir treiben Handel mit 65 Ländern. Wir finden schon Kunden für unsere Produkte.

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