Sellner löschte 41 Minuten vor Hausdurchsuchung seine E-Mails
Am Dienstag tauchten die ersten Mails auf, in denen Identitären-Chef Martin Sellner (30) sich beim Christchurch-Attentäter für die Spende über 1.500 Euro bedankte. Der spätere Attentäter Brenton Tarrant antwortete, dies sei nur eine kleine Summe angesichts dessen, was Sellner leiste. Dieser wiederum schrieb nach Neuseeland zurück: „Das gibt mir wirklich Energie und Motivation“ und beendete das Mail mit: „Wenn Du mal nach Wien kommst, müssen wir einen Kaffee oder ein Bier trinken gehen“.
Gefunden wurden diese Zeilen bei der Hausdurchsuchung am 23. März 2019. Nun tauchen weitere hinterfragenswerte Details auf.
Mehr als ein Jahr lang lagen die Mails auf Sellners Account auf seinem Laptop. Der Identitären-Chef sah keine Notwendigkeit, sie zu löschen. Am 23. März 2019 um 12.19 Uhr war das plötzlich anders: da speicherte Sellner die Mails als Screenshots und löschte sie von seinem Account – als hätte er etwas geahnt.
Denn 41 Minuten später klingelte es an seiner Tür. Beamte des BVT standen vor seiner Wohnung. Um 13.00 Uhr begannen sie mit der Hausdurchsuchung. Dieses Faktum geht aus dem siebten Anlassbericht des BVT an die Staatsanwaltschaft hervor.Das wirft die Frage auf: War diese zeitliche Nähe zwischen dem Löschen der Mails und der Hausdurchsuchung wirklich nur purer Zufall?
Aufdecker Peter Pilz von der Liste Jetzt stellt nun eine parlamentarische Anfrage an das Innenministerium, ob Informationen aus dem Ressort an Sellner geflossen sind. „Für mich stinkt das ordentlich“, so Pilz. Und meint weiter: „Mich beunruhigt, dass die Hausdurchsuchung im BVT geheim gehalten wurde. Die Hausdurchsuchung bei einem Identitären hingegen sickerte durch.“ Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda vermutet, dass Sellner gewarnt wurde. Sowohl das Innenministerium als auch die Staatsanwaltschaft Graz kommentierten dieses Faktum auf KURIER-Nachfrage nicht.
Sozialministerium Das BVT ermittelt nun, ob es weitere gelöschte eMails gibt, und ob es Treffen zwischen Sellner und dem Christchurch-Attentäter gab.
Das BVT stuft Sellner als „dringend tatverdächtig, (...), Mitglied eines bis dato nicht näher verifizierbaren international agierenden rechtsextremen Netzwerkes zu sein“ ein.
Wie groß dieses Netzwerk sein könnte, zeigen die Spenden an Sellner. Die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass 2018 mehr als 20.000 Euro von etwa 250 Personen aus ganz Europa an Sellner überwiesen wurden. Die meisten Spenden stammten von Bankkonten in Deutschland. Unter den Spendern der Rechtsextremen war auch ein Kabinettsmitarbeiter von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein. Aus dem Sozialministerium heißt es, der betroffene Mitarbeiter habe vor seiner aktiven Zeit im Ministerium eine Spende an die Identitären getätigt, und es bestehe kein Kontakt mehr.