Chronik/Wien/Wien-Wahl 2020

Viktor-Adler-Markt: Letzter Häupl-Auftritt vor Wahl

Samstag, 10 Uhr, in Wien Favoriten. Der Viktor-Adler-Markt, benannt nach dem Gründer der SPÖ, ist der Schauplatz für den letzten Wahlkampf-Auftritt des Bürgermeisters vor der Wahl am Sonntag. In diesem Entscheidungskampf, ob Wien sein traditionelles Rot behält oder sich blau einfärbt, zeigt Michael Häupl Einsatz bis zur letzten Sekunde. Die Musik dröhnt, Wahlhelfer der SPÖ schwirren umher zwischen den Menschen, die ihre Einkäufe fürs Wochenende erledigen. Auf der Bühne hält Häupl eine kurze Rede: "Es geht um die Zukunft der Stadt. Geht's wählen und wählt's g'scheit." Danach mischt er sich unters Volk.

"Favoriten bleibt rot"


Favoriten ist der größte Wiener Bezirk, mit seinen 190.000 Einwohnern ist er so groß wie Linz. Favoriten ist einer jener "Flächenbezirke", von denen die Meinungsforscher sagen, dass er erstmals mehrheitlich FPÖ wählen könnte. Alt-Bezirksvorsteher Anton Gaal mag das nicht glauben. "Favoriten bleibt rot", gibt er sich überzeugt.

Das Verhalten der Menschen auf dem Viktor-Adler-Markt könnte dies tatsächlich glauben machen. "Machen Sie weiter so!", ruft ein Passant dem Bürgermeister zu und klopft ihm auf die Schulter. "Alles Gute für morgen!", wünschen etliche Menschen und schütteln Häupl die Hand. Sehr begehrt sind Fotos. Laufend werden Häupls Sekretären Handys in die Hand gedrückt, damit diese Erinnerungsfotos machen. Bürgermeister mit Enkerln. Bürgermeister mit Ehefrau. Bürgermeister mit Kindern. Auch Männer aller Altersklassen freuen sich über ein Foto mit dem Stadtoberhaupt.

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Zwischendurch gibt Häupl Kurzinterviews. "Die eigentlichen Zukunftsthemen für die Stadt sind ein bissl zu kurz gekommen", resümiert er die letzten Wochen kritisch. Aber: "Ich habe mir das Flüchtlingsthema nicht ausgesucht. Ich lamentiere auch nicht darüber. Es war eben so."

"Am Montag schaut die Welt anders aus"


Wenige Stunden vor dem Aufsperren der ersten Wahllokale definiert Häupl sein Wahlziel so: "Ich will vor der FPÖ gewinnen. Wenn ich gewinne, reicht mir das." Das ist insofern bemerkenswert, als das ursprüngliche Wahlziel der SPÖ lautete, die absolute Mehrheit zurück zu erobern. Jetzt ist sie offenbar schon glücklich, nicht Zweite zu werden.

Auch in Richtung Koalitionsbildung gewährt Häupl einen Einblick. Maria Vassilakou hatte gemeint, sie werde in einer Neuaflage von Rot-Grün Häupl "Feuer unterm Hintern" machen. Dazu Häupl: "Am Montag sieht die Welt anders aus."

Wie, könne er nicht sagen. "Ich bin nur ein Bürgermeister, kein Prophet. Und Michael war ein Erzengel."