"Unbegrenztes Bleiberecht für alle nicht durchführbar"
Im Wiener Wahlkampf droht die ÖVP im Duell zwischen der SPÖ und der FPÖ zerrieben zu werden. Auch bei der KURIER-Telefonsprechstunde mit Spitzenkandidat Manfred Juraczka sind die Zukunftsaussichten der ÖVP ein Thema. Anrufer Daniel spricht das antiquierte Image der schwarzen Partei direkt an: "Warum sollte ich als 30-jähriger Akademiker die ÖVP wählen?" Juraczkas Antwort: "Gegen einigen Widerstand habe ich mich für die Verjüngung der Wiener ÖVP eingesetzt. Thematisch wird junge Wähler vor allem der Ausbau der Stadt als Wirtschaftsstandort, die Erweiterung der öffentlichen Verkehrsmittel bis zu den Stadtgrenzen und die Verbesserung des Bildungssystems in unserem Parteiprogramm ansprechen."
Asylpolitik
Die aktuelle Flüchtlingssituation wird gleich von mehreren Anrufern angesprochen. Jurazkca hält dabei wenig von "linken Fantasien" und "rechten Parolen". Die Forderung der grünen Spitzenkandidatin Maria Vassilakou nach unbegrenztem und unkontrolliertem Zugang für jeden hält Juraczka für verantwortungslos. "Und von Strache ist bis auf einen Stacheldrahtzaun rund um Österreich auch noch kein Lösungsvorschlag gekommen." Österreichische Grenzkontrollen seien notwendig um die Versorgung der Ankömmlinge zu gewährleisten, meint Juraczka. "Außerdem müsse Asyl auf Zeit durchgesetzt werden. Ein unbegrenztes Bleiberecht für alle sei nicht durchführbar." Den Einwand, dass Asyl auf Zeit die Integration erschweren würde, kontert Juraczka: "Besser die Ankommenden sind hier in Sicherheit auf Zeit, als mitten im Kriegsgebiet."
Anrufer Vincent ist Pendler in Wien und beschwert sich über die vielen Sperren der Ringstraße. Was die ÖVP dagegen tun will? "Der Einwand ist absolut gerechtfertigt. Die Sperren sind eine Belastung für die Autofahrer und führen zu Umsatzeinbußen der Gewerbetreiber vor Ort. In Wien zieht der Autofahrer gegenüber dem Fußgänger und der Radfahrer immer öfter den Kürzeren", klagt Juraczka. Die ÖVP wolle sich für eine Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer einsetzen. "Wir müssen aber auch den Wildwuchs an Demos und Veranstaltungen am Ring bändigen."
Suche nach Schulplatz
Eine junge Mutter ist besorgt, dass ihre Tochter keinen Platz in einem Wiener Gymnasium finden wird. Juraczka versteht ihre Bedenken sehr gut: "Eine Studie hat kürzlich gezeigt, dass Österreich Spitzenreiter im Pisa-Test wäre, würde man ihn nur in Gymnasien durchführen. Trotzdem ist seit 2002 in Wien keine AHS–Unterstufe mehr eröffnet worden und das obwohl die Stadt wächst." Im Falle einer Regierungsbeteiligung, verspricht er sich für den Bau weiterer Gymnasien einzusetzen.
Ob es allerdings zu einer rotschwarzen Regierung kommt oder doch zu einer Neuauflage von Rot-Grün ist derzeit kaum absehbar. Komme er in die Regierung müsse man aber das Thema Wirtschaft angehen, sagt Juraczka. Ob er dann auch den Wirtschaftsstadtrat stellen wolle, möchte Juraczka nicht beantworten. "Man soll das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist."