Politik/Inland

Wien hat erstmals eine Chef-Anklägerin

Sie war die jüngste Generalanwältin im Justizministerium; sie war jüngste Hofrätin im Obersten Gerichtshof; und am Montag übernahm Eva Marek als erste Frau eine der Schlüsselstellen in der Justiz: die Leitung der Oberstaatsanwaltschaft Wien.

In Mareks Zuständigkeit fallen viele der heikelsten Causen des Landes sowie mehr als die Hälfte aller heimischen Staatsanwälte. Und so war es der gebürtigen Grazerin ein Anliegen, eines klarzustellen: "Wegen der Zugehörigkeit zu einer im Parlament vertretenen Partei muss niemand in einem Strafverfahren einen Nachteil befürchten", sagte Marek. "Die Menschen dürfen sich aber auch keinen Vorteil erhoffen." Zudem verteidigte sie die sich abzeichnende Reform des Weisungsrechts (unabhängiger Weisenrat unterstützt Minister).

Zweifel

Ressortchef Wolfgang Brandstetter sparte bei der Amtseinführung nicht mit Lob, und das war aus mehreren Gründen sinnvoll: Zum einen stand Marek bei der Vorauswahl nur auf Platz 2 und profitierte dem Vernehmen nach davon, dass Brandstetter die Erstgereihte, Ilse-Maria Vrabl-Sanda, nicht von der Korruptionsstaatsanwaltschaft abziehen wollte. Dem nicht genug, hatte der Justizsprecher der SPÖ Zweifel an ihrer Qualifikation angemeldet. Zweifel, die Brandstetter nicht stehen lassen wollte. Marek stehe für eine "Wissenschaftlichkeit" in der Justiz und werde viel zu einer "Qualitätsoffensive" beitragen.

Bemerkenswert war der Beitrag von Gerhard Jarosch. Der Sprecher der Staatsanwälte kritisierte, wie die Justiz in Krisensituationen agiere. Jaroschs These: Anstatt bei kolportierten Missständen intern nachzufragen und miteinander zu reden, gehe man bisweilen vom "Worst Case" aus und kommentiere bzw. kritisiere Verfahren, ohne die Fakten zu kennen.