Politik/Inland

Kogler und die "Aufweck-Tour" in die Provinz

Es wird alles noch kompliziert genug, da sollte man zumindest die einfachen Fragen vorab klären. "Wer will was trinken? Später gibt’s keine Bestellungen, das würde stören", fragt einer der Grünen in die Stube.

Wir sind im Großschedl, einem gutbürgerlichen Gasthaus im steirischen Hartberg, der älteste Wirt am Platz.

Werner Kogler, stellvertretender Bundesparteichef der Grünen, hat sich auf einem Tisch eingerichtet. Die Beine: baumelnd. Die Ärmel: aufgekrempelt – er will keinen steifen Vortrag halten. Sein iPad, ein A4-Zettel mit Notizen, ein weißer Spritzer, mehr braucht er nicht an diesem Abend.

70, 80 Zuhörer sitzen in der Stube. Nicht übel für eine Veranstaltung Freitagabend, zumal eine politische. Aber immerhin geht es um einen veritablen Kriminalfall; und es geht um viel Geld, genauer: um "6000 Euro, die der größte Finanzskandal der Zweiten Republik jede Familie kostet", sagt Kogler.

"Der Hypo-Krimi", heißt die Tour, mit der der grüne Finanz-Sprecher die "Leute aufwecken will". Hartberg ist der Startschuss in der Provinz – ein Heimspiel. Der 52-jährige wuchs hier auf. "Da draußen homma g’raft mit de Neo-Nazis", sagt er und zeigt mit dem Finger durchs Fenster. Er dutzt alle ("Hawe d'Ehre", "Servas"), verfällt gern ins Steirische. Der Sohn eines Getreidehändlers holt die Menschen ab, wo sie sind, an der Schank, am Stammtisch.

Zurück zur Hypo: Mehr als eine Stunde lang seziert Kogler die Affäre. Er erklärt, warum die Regierung nicht mehr legitimiert ist ("Sie wusste vom Hypo-Schaden vor Jahren und hat ihn nicht im Budget abgebildet"); warum die "Not-Verstaatlichung" keine war ("Die Bank gehörte Bayern, das ist bekanntlich schon ein Staat, ein Freistaat"); und vor allem erklärt der Ökonom, warum eine Insolvenz weit besser gewesen wäre. Die Kurz-Version: Die Investoren wussten, dass die Hypo keine seriöse Bank ist. Also sollen sie jetzt selbst ihrem Geld aus dem "Pyramidenspiel" nachlaufen – und nicht die Steuerzahler.

Nicht immer ist Kogler leicht zu folgen. Mal geht’s um die Finanzmarktaufsicht, dann um den Banken-U-Ausschuss, plötzlich um Parteispenden im Nahen Osten.

So gesehen ist es klar, dass der erste Zwischenapplaus nach dem Satz kommt "Die Banken halten sich eine Regierung". Das versteht man.

"Warum treibt ihr die Regierung nicht mehr vor euch her? Die brauchen euch für Zweidrittel-Materien!", fragt einer. "Machen wir ja", antwortet Kogler.

Walter Sonnleitner, früherer BZÖ-Spitzenkandidat, ist als Zaungast dabei. "Welche geheimen Druckmittel hatte man gegen Ex-Finanzminister Pröll in der Hand?", will er wissen. Kogler kann keine Details nennen, die Notverstaatlichung war jedenfalls falsch.

Im Grunde sind sich hier aber alle einig: Die Insolvenz wäre die bessere Lösung. "Ich hab’ eine Wut im Bauch", sagt ein Unternehmer. "Was kann ich machen, damit es doch noch zur Insolvenz kommt. Was, außer Grün wählen?"

Für Kogler ist das Teil der Antwort. Grün wählen, auf Aufklärung drängen – nicht zufällig steht beim Eingang ein Laptop, um vor Ort die Petition für den U-Auschuss zu unterschreiben. "Es braut sich was zusammen", sagt Kogler. Er spürt das. Nächste Woche ist er in Bruck, dann in Leibnitz. Und es werden wohl wieder zwei Heimspiele.