Politik/Inland

Wie Firmen viel Geld verdienen, weil das Schulsystem versagt

Die Wirtschaft hat längst auf die Unzulänglichkeiten des Schulsystems reagiert. Private Nachhilfezentren bieten längst nicht mehr nur die Wiederholung des Schulstoffes in Einzelstunden oder Kleingruppen an, nein, mittlerweile bieten sie Nachhilfe für Volksschüler an oder sie simulieren eine verschränkte Ganztagsschule. Das Geschäft boomt und bietet Lehrern und Lehramtsstudenten ein zusätzliches Einkommen. Laut einer Studie der Arbeiterkammer greifen fast ein Viertel der Schüler (25 Prozent) zur meist eher teuren privaten Nachhilfe.

Teure Nachhilfe

Insgesamt werden Eltern heuer für Nachhilfe bis zu 110 Millionen Euro ausgeben. Für rund die Hälfte der Familien – nicht selten sind das Alleinerzieher –, die für ihr Kind bezahlte Nachhilfe benötigen, bedeuten diese eine "starke finanzielle Belastung", heißt es in der Studie.

Zu den größten Nachhilfe-Organisationen gehören in Österreich etwa die Schülerhilfe, Lernquadrat, Humboldtschule, IFL oder Lehrerjoker. "Unser Schwerpunkt liegt darin, den Kindern täglich bei den Aufgaben zu helfen und sie zu unterstützen, also das, was sonst die Eltern gemacht haben", sagt Michael Kriegler, Geschäftsführer beim Lehrerjoker. "Dass die Eltern helfen, das gibt es ja seit 70 Jahren in Österreich." Nur seien immer öfter beide Eltern berufstätig.

Auf seiner Plattform geben Profis den Kindern schon bei einfachen Problemen bei den Hausübungen auch online oder per Telefon Hilfe. Für ihr multimediales Lernkonzept erhielt Krieglers Lehrerjoker in diesem Jahr die Comenius-EduMedia-Auszeichnungen, die für "herausragende didaktische Multimedia-Produkte" vergeben wird. Das Schulsystem gehe einfach zu wenig auf die Anforderungen der Kinder ein, hat Kriegler die Erfahrung gemacht. Es werde zu wenig überprüft, ob die Kinder den Lernstoff auch wirklich verstanden haben, damit sie am nächsten Schultag auf ihrem Wissen aufbauen können. "Diese Feedbackschleife funktioniert zu wenig in den Schulen." Das habe aus seiner Sicht auch damit zu tun, dass durch die großen Klassen und die vielen Kinder mit unterschiedlichem kulturellem Background das Thema Wissensvermittlung auf der Strecke bleibe. Kriegler kann auch nichts Negatives daran entdecken, dass schon Volksschüler – mit acht oder neun Jahren – professionelle Nachhilfe in Anspruch nehmen. "Wir können beim Übertritt in die AHS oder NMS die Kinder begleiten und unterstützen, auch, damit die Freude am Lernen zurückkommt." In Deutschland, erwähnt Kriegler, gebe es seit einigen Jahren das sogenannte "Bildungs- und Teilhabepaket" der Regierung, wo der Staat über einen Fonds jene Familien, die sich private Nachhilfe nicht leisten können, die Kosten übernimmt. "So ein Modell wäre auch in Österreich erstrebenswert."