Politik/Inland

Wenn Männer mit oben ohne reizen

Nicht nur einer zog (sich) dieser Tage aus, um zu erregen. Die Innenpolitik wurde regelrecht zum Nacktbadestrand. Frank Stronach entblößte beim KURIER-Interview am Fontana-Steg seinen Oberkörper – samt Muskelspiel des 80-Jährigen. Da konnte ein vergleichsweiser Jungspund wie Heinz-Christian Strache nicht hintanstehen. Flugs war ein Urlaubsbild ins Facebook gestellt. Im Höschen ist der 43-jährige FPÖ-Chef zu sehen, „topfit in den Wahlkampf“ die Botschaft dazu.

Strache und Stronach sind nicht die Ersten, die glauben, zeigen zu müssen, was sie haben. Jörg Haider war das Ur-„Playmate“ der heimischen Politik. Auch Karl-Heinz Grasser präsentierte die Brust – in ästhetischer Pose für die italienische Vogue, abgelichtet von einem Starfotografen. Internationaler Meister dieser Inszenierung ist Wladimir Putin. Ob auf dem Ross oder im Wasser – beim russischen Präsidenten ist Nacktheit mit Sportsgeist gepaart.

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Warum greift Stronach auf diese Tradition zurück? „Er will demonstrieren: Ich bin gesund und fit“, befindet Imma Palme, Chefin des IFES-Instituts. „Es ist das Signal: Ich bin trotz fortgeschrittenen Alters fähig, ein Amt zu bewältigen. Das gab es ja auch schon vom Bundespräsidenten, der sich im Fallschirm aus einem Flugzeug geworfen hat“, ergänzt OGM-Boss Wolfgang Bachmayer.

Wie wirkt Stronachs Strip auf die Bürger? „Auch wenn die Twitter-Community die Nase rümpft, von billiger Polit-Show spricht – bei der Mehrheit der Wähler verfehlt das nicht die Wirkung. Es erzeugt Aufmerksamkeit und Präsenz.“ Stronach gelinge damit Mehrerlei, urteilt Bachmayer: „Es steigert die Zuschauerquote bei den TV-Konfrontationen, lenkt von der Themen­losigkeit ab. Und es deckt Probleme zu.“ Stronach ist ja Ex-ORF-Generalintendantin Monika Lindner schon nach ein paar Tagen als Nationalratskandidatin abhandengekommen. Abgesehen davon passe Stronachs Enthüllung zur „Unterhaltungsshow, die er permanent liefert. Das Ganze ist stimmig.“

Wie verhält sich das bei Strache? „Bei ihm wirkt das eher wie Respektlosigkeit gegenüber den Gegnern. Nach dem Motto: Ich bin fescher als ihr“, analysiert Palme – die sich wundert, dass der FPÖler statt schicker Shorts „ein ältliches Trikot trägt“. Auch ihm gehe es darum, aufzufallen: „Er hat nichts mehr mitzuteilen, außer die Vorurteile seiner Kernwähler anzusprechen.“ Zudem habe der Ober-Blaue das „Team Stronach“, das auch um Proteststimmen buhlt, unterschätzt: „Er hat viel zu lange versucht, es zu ignorieren.“

Und wie bewertet der renommierte Körpersprache-Experte Stefan Verra die leicht bekleideten Wahlkämpfer? „Strache betont seine Kraft noch, indem er Arme und Beine ausstellt, sich damit größer macht, als er ist. Spannend ist, dass er die Schultern leicht nach vorne zieht, die Brust nicht schwellt. Dieser Schutz des Brustkorbs ist bei ihm oft zu sehen. Je stärker sich die Beugemuskulatur aktiviert, desto stärker ist das Schutzbedürfnis.“ Stronachs Körper sehe „nicht schlecht aus – für einen 80-Jährigen. Auch er bemüht sich, einen kräftigen Brustkorb zu zeigen, indem er das Verhältnis Brust/Bauch zurechtrückt – wobei er mit der Hand ein wenig nachhelfen muss.“

Kommt das an? „Bei Wahlen von Führungspersönlichkeiten agieren Menschen weit weniger rational, als wir es gerne glauben. Die Grundsatzentscheidungen dazu passieren in vorbewussten Hirnteilen. Vor allem im Stamm- und Mittelhirn“, sagt der Fachmann. „Dabei geht es vor allem darum, ob wir der Person unsere Sicherheit anvertrauen. Deswegen schneiden Menschen, die Kraft und Vitalität ausstrahlen, besser ab. Ein nackter, kräftiger Oberkörper vermittelt dies eben besser.“ Freilich werde „hier mit irrationalen, wenig vernunftgetriebenen Argumenten spekuliert. Das dürfte Wähler, die ,wenig aus dem Bauch‘ entscheiden, eher abschrecken. Vor allem da eher männliche Kraft symbolisiert wird. Und die ist am politischen Verhandlungstisch selten vonnöten.“

Stronach selbst sagt zu seinem Aktbild: „Ich brauche mich für meinen Körper nicht zu schämen. Ich spiele mit jungen Buam Tennis und gehe mit ihnen Skifahren. Ich mache jeden Tag Sport, esse gesund – und war noch nie betrunken.“