Kein Gleichschritt bei der SPÖ
Die Uhr tickt - bereits in 15 Tagen können die Österreicher ihre Meinung zur Heeresdebatte kundtun. Wie aktuelle Umfragen ergeben, sind viele aber noch unentschlossen. Nicht so Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller. Sie will für die Wehrpflicht stimmen. Und damit gegen die SPÖ-Parteilinie. Das kündigte die rote Landeschefin im Nachrichtenmagazin profil an.
Damit bezieht Burgstaller eine ähnliche Position wie manche ihrer schwarzen Kollegen. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) spricht sich am Freitag erneut klar für eine Wehrpflich aus. Durch die mögliche Abschaffung würde dem Land Tirol ein großer Schaden entstehen. Bei der bevorstehenden Volksbefragung gehe es laut ihm um "Staatsverantwortung und nicht um parteipolitische Spiele". Das erklärte Platter am Freitag im Rahmen einer Pressekonferenz in Rum bei Innsbruck.
"Kommt es zu einem Berufsheer würden zahlreiche Kasernen in Tirol geschlossen werden", meinte der frühere Verteidigungsminister.
Ton in Koalition immer rauer
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter hingegen warf der ÖVP am Samstag Täuschung der Bevölkerung durch ihre Wehrpflicht-Spots vor. Denn dort werde vorgegaukelt, dass Wehrpflichtige Voraussetzung für den Katastrophenschutz seien.
Kräuter hat nun Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) seine bereits mehrfach angekündigte parlamentarische Anfrage übermittelt, ob sie die Ansicht des Präsidenten des Bundesfeuerwehrverbands teile, wonach bei einer Entgeltfortzahlung im Katastrophenfall die Wehrpflicht überflüssig werde. Der SPÖ-Mandatar fordert die Innenministerin auf, diese Frage innerhalb einer Woche zu beantworten.
Die ÖVP weist die Angriffe der SPÖ zurück und attackiert ihrerseits den Koalitionspartner. Generalsekretär Hannes Rauch spricht von "nervösen Rundumschlägen und ideologisch motivierten Attacken", die bei einem solch sensiblen Thema fehl am Platz seien. Gleichzeitig wies Rauch in einer Aussendung auf die geschlossene Haltung der ÖVP pro Wehrpflicht hin: "Im Unterschied zur SPÖ-Zentrale stellen all diese Menschen die Sicherheit vor parteipolitische Interessen."
Schwarzenberg: Berufsarmee kommt teurer
Breite Verankerung in der Bevölkerung
Die Wehrpflicht garantiert die breitest mögliche Verankerung und damit Akzeptanz des Militärs in der österreichischen Bevölkerung. Die Gefahr, dass sich die Streitkräfte quasi als Staat im Staat „verselbstständigen“, wird minimiert.
Zeichen der Solidarität
Die Wehrpflicht ist gleichbedeutend mit der Bereitschaft, persönlich Mitverantwortung für den Schutz des Gemeinwesens zu tragen. Es ist ein solidarischer Dienst an der Gesellschaft – unabhängig vom beruflichen, finanziellen oder familiären Hintergrund.
Individualität
Dank der Wehrpflicht werden im Bundesheer die individuellen Fähigkeiten jedes Einzelnen bestmöglich genutzt. Beispiele: Köche werden in der Kantine, Mechaniker in den Werkstätten eingesetzt. Die Wehrpflicht garantiert, dass es zwischen Streitkräften und zivilem Umfeld einen ständiger Personal- und Wissensaustausch gibt.
Rekrutierung
Die Rekrutierung ist bei einem Wehrpflicht-System kein Problem und funktioniert unabhängig von der Konjunktur. Im Unterschied zu einem Berufsheer muss eine Wehrpflichtigen-Armee bei der Bezahlung nicht ständig mit privaten Unternehmen konkurrieren bzw. mithalten. Durch den Pflichtdienst ist immer ausreichender Nachwuchs gesichert, der noch dazu einen bunten Querschnitt der Bevölkerung abbildet. Die permanente Einberufung junger Österreicher garantiert außerdem, dass sich die Öffentlichkeit für die Armee interessiert und kritisch mit ihr auseinandersetzt.
Aufwuchsstärke
Mit der Wehrpflicht erhalten die männlichen Staatsbürger eine militärische Grundausbildung und sind damit in Notfällen für ein Massen-Heer einsetzbar. Allein diese – theoretische – Möglichkeit, die Streitkräfte schnell und unkompliziert „aufwachsen“ zu lassen, bringt Stabilität weit über die Staatsgrenzen hinaus.
Behutsamer Einsatz
Eine Wehrpflichtarmee wird nicht vorschnell in internationale (Krisen-) Einsätze geschickt. Die Hemmschwelle ist größer als bei einer Berufsarmee, da die Politik besonders schlüssig erklären muss, warum bestimmte, lebensgefährliche Einsätze politisch notwendig sind.
Freiwilligkeit
Die Wehrpflichtigen-Armee ist de facto schon jetzt ein Freiwilligen-Heer – wer nicht zum Militär will, macht ja Zivildienst.
Fehlende Bedrohung
Geo-strategisch liegt Österreich derart vorteilhaft, dass ein Massen-Heer zur militärischen Landesverteidigung längst nicht mehr nötig ist. 21 von 27 EU-Partnern haben bereits ein Berufsheer – sie können nicht irren. Im Wesentlichen halten heute nur noch Staaten an der Wehrpflicht fest, die einen äußeren Feind fürchten.
Neue Herausforderungen
Für die neuen militärischen Bedrohungen Österreichs – regionale Krisenherde im Ausland, Terrorismus, Cyberattacken, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen etc. – sind Grundwehrdiener einfach nicht ausreichend ausgebildet, Experten sind nötig.
Ausbildungsniveau und Professionalisierung
Berufssoldaten erreichen ein permanent höheres militärisches Ausbildungsniveau als Grundwehrdiener mit ihrer vergleichsweise kurzen Ausbildungsdauer von wenigen Wochen. Die Professionalisierung der Arbeitswelt gilt auch für den Soldatenberuf: Zeitgemäße Waffen- und Computersysteme sind komplex und müssen von Experten bedient werden. Zudem würden Soldaten in einem Berufsheer nicht alt, sondern nach drei bis 15 Jahren wieder das System verlassen – die drohende Überalterung wird abgewendet.
Höhere Motivation
Wer sich freiwillig meldet, ist in jedem Fall motivierter als Pflicht-Soldaten.
Keine Verzögerung bei der Ausbildung
23.000 Rekruten und 14.000 Zivildiener unterbrechen derzeit mehr oder weniger freiwillig eine berufliche oder schulische Ausbildung. Das ist für sie selbst belastend und hat laut einer OECD-Studie negative Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt bzw. das Wirtschaftswachstum.
Schnelle Bereitschaft
Soldaten eines Berufsheeres können binnen kürzester Zeit für militärische Einsätze im In-, aber insbesondere auch im Ausland herangezogen werden. Laut Sicherheitsstrategie müssen für Katastropheneinsätze in Österreich jederzeit 12.500 Soldaten bereit stehen. Das wird durch ein Profi-Heer problemlos erreicht.
Gleichstellung von Mann und Frau
Ein Berufsheer bringt in Kombination mit einem bezahlten freiwilligen Sozialjahr eine weitaus bessere Gleichstellung zwischen Mann und Frau als ein Pflichtdienst. Letzterer trifft ja derzeit nur die männlichen Staatsbürger.