Politik/Inland

Was die Flaute bei Windkraft im Westen für den Klimaschutz heißt

Oft und gerne weist die Bundesregierung auf das große Ziel hin, die Stromversorgung bis 2030 zu einhundert Prozent aus Erneuerbaren Energien bereitzustellen. Im Koalitionspakt genannt werden sogar die konkreten Ausbauziele der einzelnen Energieformen: Photovoltaik (Sonnenstrom) müsste fast verzehnfacht werden, Windkraft fast verdreifacht, zudem etwas mehr Wasserkraft und mehr Biomasse.

1.200 neue Windräder

Damit die Windkraft die im Koalitionspakt geforderten 10 Terawattstunden (TWh) Windstrom erzeugen kann, müssten in den nächsten 10 Jahren jedes Jahr 120 Windräder (mit je 500 MW) errichtet werden, rechnet die IG Windkraft vor.

Als Turbo setzt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler auf das EAG (Erneuerbaren Ausbaugesetz), das sie demnächst präsentieren will. Der Auftrag ist also da, das Gesetz, das vor allem die Förderungen regelt, ist am Weg – kann dann endlich ausgebaut werden und Österreich in eine fossilfreie Strom-Zukunft geführt werden?

Mitnichten, zeigt die Praxis. Windkraftanlagen sind ab hundert Metern Höhe wirtschaftlich sinnvoll, können aber erst gebaut werden, wenn die Voraussetzungen gegeben sind: Also weit genug entfernt von Wohnhäusern, zudem müssen ökologische Kriterien eingehalten werden. Diese Regeln sind in allen Bundesländern aufgrund des Föderalismus unterschiedlich.

Wo der Wind weht

Der Windatlas für Österreich zeigt, dass grundsätzlich in jedem Bundesland ausreichend Wind für Windparks weht. Für die IG Windkraft erklärt Sprecher Martin Jaksch-Fliegenschnee: "Das größte Windkraftpotential liegt natürlich in Ostösterreich. Nach Niederösterreich ist die Steiermark jenes Bundesland mit dem zweithöchsten Potential und liegt damit noch vor dem Burgenland. In diesen drei Bundesländern muss der Windkraftausbau auch weiterhin stark weitergeführt werden. Großes Potential ist allerdings auch in Kärnten verfügbar. Kärnten ist damit das viertwichtigste Bundesland für den kommenden Windkraftausbau. Klar ist aber, dass bis 2030 in Summe in allen westlichen Bundesländern (inklusive Kärnten) rund 1.000 MW Windkraftleistung errichtet werden muss, damit wir das Ziel bis 2030 erreichen können. So wie in Deutschland muss sich der Windkraftausbau auf das ganze Bundesgebiet verteilen und darf nicht ausschließlich in Ostösterreich stattfinden. Das spart Kosten und unterstützt die Versorgungssicherheit für ganz Österreich."

Wie die Daten zeigen, teilen sich Niederösterreich und das Burgenland den Löwenanteil der Wind-Stromerzeugung, mit rund 85 Prozent.

Steirische Windkraft erzeugt nur ein Bruchteil dessen, was im Burgenland erzeugt wird, Oberösterreich mit seinen 30 Anlagen gerade einmal 47 Megawatt, Kärnten hat zwei Windräder, die insgesamt ein Megawatt liefern. Da ist sogar Wien mit seinen neun Windrädern deutlich besser, diese generieren immerhin acht Megawatt.

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Kein Windrad im Westen

Und Salzburg, Tirol, Vorarlberg?

Dort steht nicht ein einziges kommerziell genutztes Windrad.

Beim Ausbauplan bis 2024 sieht es nicht viel besser aus: Niederösterreich und das Burgenland legen noch einmal kräftig zu, teils mit Re-Powering: An bewährten Standorten wird die Anlage deutlich höher und größer gebaut. Die Steirer wollen 38 neue Anlagen bauen, die Kärntner immerhin 19. Dass das nicht immer leicht ist, zeigt die aktuelle Diskussion rund um den Koralm-Windpark.

Kein Platz in OÖ

Oberösterreichs Energielandesrat Markus Achleitner meint, Oberösterreich habe keinen Standort mehr, der für Windkraft geeignet wäre.

Oberösterreich habe in seiner Energiestrategie „Energie-Leitregion OÖ 2050“ zwei zentrale Schwerpunkte, mit denen sowohl ein Beitrag zur Erreichung der Klimaziele geleistet als auch die wirtschaftlichen Chancen der Energiewende genutzt werden sollen: Die Steigerung der Energieeffizienz und die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energieträger: "Bei der verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien setzt Oberösterreich vor allem auf den Ausbau der Wasserkraft und der Photovoltaik", heißt es gegenüber dem KURIER.

In einer schriftlichen Stellungnahme hieß es zudem: "Windkraft spielt in Oberösterreich eine untergeordnete Rolle, weil es einerseits aufgrund der Topografie weniger Standorte mit ausreichend Wind-Dargeboten gibt. Ebenso werden allfällige Projekte durch gesetzliche Abstandsbestimmungen sowie Naturschutzbestimmungen - etwa hinsichtlich Vogelschutz, Wildtierkorridore oder Landschaftsschutzkriterien – erschwert bzw. verhindert. Daher weist der sogenannte „Windkraft-Masterplan“  aktuell keine Positiv-Zonen aus. Für RePowering-Aktivitäten (also die Erhöhung der Kapazität bestehender Anlagen) gibt es hingegen gewisse Erleichterungen, zB geringere Abstände als bei Neubau. Aktuell gibt es in OÖ ein Windkraftprojekt im Planungsstadium: Ein 6. Windrad im Windpark in Munderfing."

In Salzburg, wo es kein einziges Windrad gibt, weist die Sprecherin von Energie-Landesrat Heinrich Schellhorn darauf hin, dass bisher aufgrund „von technischen, wirtschaftlichen bis hin zu gesellschaftlichen Gründen“ kein Windpark gebaut worden ist. Aber das gelte es zu ändern, „Windkraft soll in Salzburg ein kleinerer, aber wichtiger Teil im Mix aus erneuerbaren Energien“ sein: "Der Klima- und Energiepolitische Leitplan des Landes Salzburg ist die Klima- und Energiestrategie SALZBURG 2050 (www.salzburg2050.at), das heißt bis zum Jahr 2050 soll Salzburg klimaneutral, energieautonom und nachhaltig sein - mit 100 Prozent Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien und null Treibhausgas-Emissionen. Aktuell wird gerade der Masterplan für die nächsten 10 Jahre erarbeitet. Klar ist, dass es sowohl zur Erreichung der Bundesziele als auch der Landesziele eine möglichst schnelle Abkehr von fossilen Energien hin zu Erneuerbaren geben muss. Hierbei müssen natürlich alle Formen erneuerbarer Energien miteinbezogen werden. Windkraft soll in Salzburg ein kleinerer, aber wichtiger Teil im Mix aus erneuerbaren Energien sein, da Windkraft gerade im Winter die schwächer werdende Sonnen- und Wasserkraft ausgleichen kann. Salzburg muss bis dato noch immer fossile Energieträger für über 800 Millionen Euro im Jahr importieren (u.a. auch Atomstrom). Das gilt es zu ändern. Weitere Schwerpunkte in Salzburg sind außerdem der Ausstieg aus den Ölheizungen im Gebäudebereich sowie die Möbilitätswende, da Verkehr im allgemeinen der Klimasünder Nummer 1 ist."  

 Aus Tirol und Vorarlberg sind bisher keine Ausbaupläne bekannt.

Bei der IG Windkraft ist man wenig erfreut ob der spezifischen Regelungen in jedem Bundesland: "In der föderalen Struktur Österreichs ist auch der Windkraftausbau in allen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Natürlich wäre hier eine einheitliche Regelung wünschenswert. Dass dies allerdings nicht zwingend nötig ist, damit ein Windkraftausbau möglich ist, zeigt die positive Entwicklung der letzten Jahre in Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark. Wichtiger ist daher, dass es in allen Bundesländern brauchbare Rahmenbedingungen für den Windkraftausbau gibt. Derzeit ist dies in einigen Bundesländern nicht der Fall."

Windkraft-Sprecher Jaksch-Fliegenschnee bleibt aber optimistisch: "Noch Anfang des Jahrhunderts war die Frage, wie die Energiewende technisch und ökonomisch umgesetzt werden kann. In den letzten 20 Jahren ist die technische Frage gelöst worden und auch die Diskussion um die Kosten hat sich gewandelt. Heute zählen Wind- und Sonnenkraftwerke zu den günstigsten Stromerzeugungsarten. Alle Umfragen zeigen auch, dass die Bevölkerung die Energiewende mit großer Mehrheit wünscht. Heute liegt es nur mehr an der Politik die Energiewende endlich zu ermöglichen. Für diese brauchen wir eine Politik, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene, die sich der Energiewende und deren Umsetzung annimmt."