Politik/Inland

Warum Häftlinge Österreichs teuerste Patienten sind

Knapp neuntausend Häftlinge sind derzeit in den 27 Justizanstalten inhaftiert. Die Zahl ist schon lange konstant, aktuell sind es rund 9100, vor fünf Jahren waren es etwa 8900.

Was sich aber massiv geändert hat, sind die Kosten für die medizinische Versorgung der Insassen.  2014 lagen die Kosten bei rund 74 Millionen Euro, vier Jahre später ist die Summe auf 94 Millionen angestiegen – bei fast gleichbleibender Anzahl an Häftlingen.

Warum das so ist, ist einmal mehr eine Posse der österreichischen Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern.

"Der wesentliche Grund ist, dass Insassen in der Regel nicht sozialversichert sind", schreibt Neos-Abgeordnete Irmgard Griss in einer parlamentarischen Anfrage an Justizminister Josef Moser. (Hier der Link zur Anfrage samt Antwort)

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Und weiter: "Die Justizanstalten müssen für die stationäre Behandlung der nicht sozialversicherten Insassen durch öffentliche Krankenanstalten den für unversicherte Privatpatienten geltenden Tarif zahlen. Die Länder beteiligten sich bis 2013 auf der Grundlage einer (Bund-Länder-)Vereinbarung mit einem Pauschalbetrag an den Kosten."

Diese Artikel 15-Bund-Länder-Vereinbarung gibt es aber nicht mehr. Griss: "Die Ende 2013 ausgelaufene Bund-Länder-Vereinbarung wurde nicht verlängert. Dadurch ersparten sich die Länder ab 2014 ihren Kostenbeitrag von jährlich zumindest rund 8,55 Millionen Euro, unter Berücksichtigung der vom Justizministerium errechneten Valorisierung sogar von bis zu  22,8 Millionen Euro."

Zwar war die "Prüfung der Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung" im Regierungsprogramm 2013 bis 2018 vorgesehen. Zur Umsetzung kam es aufgrund der vorgezogenen Neuwahlen aber nicht – bis heute.

Der Vorteil der Bundesländer ist also offensichtlich, die Mehrkosten sind nun alleine beim Bund – und damit beim Steuerzahler.

Griss will von Justizminister Moser wissen, warum die Häftlinge noch immer nicht bei der Krankenversicherung versichert sind, wie das schon lange der Rechnungshof fordert.

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Das Problem sei ja groß, erklärt sie im Gespräch mit dem KURIER: "Gerade im Justizressort, das schon so lange unter knappen finanziellen Mitteln leidet, ist das doch evident problematisch. Noch dazu,  wo es schon Möglichkeiten gäbe, die Kosten zu senken, muss man das auch realisieren. Die sollten rasch die Häftlinge in die Allgemeine Sozialversicherung aufnehmen. Das liegt in der Verantwortung der Regierung."

Mosers knappe Antwort auf die parlamentarische Anfrage: "Maßnahmen zur Verringerung der Kosten der medizinischen Versorgung der Insassinnen und Insassen, die möglich sind, ohne die Versorgung zu verschlechtern, werden derzeit intensiv geprüft. Dafür wurde auch bereits Kontakt mit dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz aufgenommen, um gemeinsam nach der bestmöglichen Lösung zu suchen."

Moser warnt vor einer überschnellen Reaktion und verwaltungstechnischen Problemen. "Es werden daher – gemeinsam mit dem Gesundheitsressort – eine Reihe verschiedener Varianten geprüft, um sicherzustellen, dass mit den geprüften Maßnahmen auch tatsächlich eine Kostenreduktion erzielt werden kann."

"Die Frage bei solchen Antworten", sagt Griss,"ist immer: Wie lange wird das dauern, bis eine Antwort vorliegt?"

Damit bleiben die Häftlinge vorerst jedenfalls die teuersten Patienten im Gesundheitssystem, da die Justizanstalten weiterhin "den für unversicherte Privatpatienten geltenden Tarif" zahlen müssen.