Wahlanfechtung: Schwänzen, falsch beurkunden und dann klagen?
14 Seiten (22 inklusive Anhang) gegen 152 Seiten: Die Bundeswahlbehörde hat dem Verfassungsgerichtshof am Donnerstag ihre Gegenschrift zur Wahlanfechtung der FPÖ geschickt. Fazit: Eine Wahlwiederholung sei nicht notwendig.
Noch ist es ein Papierkrieg, den sich die Streit-Parteien liefern. Ab Montag stehen sie einander dann vor dem Verfassungsgericht gegenüber: In der einen Ecke die Anwälte Dieter Böhmdorfer und Rüdiger Schender, die den knapp gescheiterten Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer vertreten; in der anderen Ecke Wahlleiter Robert Stein und sein Stellvertreter Gregor Wende vom Innenministerium.
Zwischen den Fronten steht das Team von Alexander Van der Bellen, dem der Sieg mit der Anfechtung streitig gemacht werden soll. Vor Gericht erscheinen Klubdirektor Robert Luschnik sowie die Anwälte Maria Windhager und Georg Bürstmayr.
Akten sind sauber
Die Bundeswahlbehörde weist in ihrer Gegenschrift erst einmal darauf hin, dass die Rechtswidrigkeiten, die die FPÖ in ihrer Anfechtung nennt, sie selbst nicht unmittelbar betreffen, sondern die Bezirkswahlbehörden. Von Wien aus habe es zunächst ja ausgesehen, als sei alles in bester Ordnung.
Die Bundeswahlbehörde beruft sich auf die Aktenlage. Alle Mitglieder der Bezirkswahlbehörden hätten mit ihren Unterschriften auf den Protokollen bestätigt, dass man sich an die Gesetze gehalten habe. Etwa, erst am Montag um 9 Uhr mit der Auszählung zu beginnen. Warum einzelne FPÖ-Beisitzer jetzt behaupten, es sei doch nicht alles glatt gelaufen, müsse der Verfassungsgerichtshof in der Zeugenbefragung klären, schreibt die Bundeswahlbehörde.
Eidesstattliche Geständnisse
Einer – vorsichtig ausgedrückt – "eingehenden materiellen Erforschung" bedürfe die Frage nach der Anwesenheit der FPÖ-Beisitzer. Sie geben offenbar in eidesstattlichen Erklärungen zu, der Auszählung teilweise ferngeblieben zu sein. Von derlei Vorkommnissen erzählten einige Bezirkswahlleiter auch gegenüber dem KURIER – allerdings hätten es auch Beisitzer anderer Parteien mit der Präsenz nicht so genau genommen. Die haben allerdings nicht geklagt.
Nicht jeder Vorwurf ist rechtswidrig
Die Bundeswahlbehörde bemüht sich in ihrer Gegenschrift auch um eine Klarstellung der Wahlordnung. Nicht alles, was die FPÖ den Behörden ankreidet, sei tatsächlich verboten. Zum Kritikpunkt bezüglich Vorab-Informationen wird erklärt, es sei zwar nicht gerne gesehen, aber "faktisch unvermeidbar", dass Wahlergebnisse schon vor der offiziellen Verkündung in den sozialen Medien verbreitet werden. Dasselbe gilt für den Vorwurf, dass psychischer Druck ausgeübt worden sei, weil Wähler Bilder ihrer ausgefüllten Stimmzettel gepostet haben – was Heinz-Christian Strache übrigens selbst gemacht hat.
Die Bundeswahlbehörde beantragt beim Verfassungsgerichtshof, das Begehren der FPÖ abzuweisen: Keiner der angeblichen Rechtswidrigkeiten in der Anfechtung könne einen Einfluss auf das Wahlergebnis haben.
Ob dem wirklich so ist, wird nächste Woche im Verfahren am Verfassungsgerichtshof entschieden – nicht im Papierkrieg.