Vorwürfe Schnizers laut FP-Anwälten "schwerwiegende Diffamierung"
Die Anwälte der FPÖ haben am Mittwoch die Mutmaßungen des Verfassungsrichters Johannes Schnizer, die Partei hätte die Anfechtung der Stichwahl bereits im Vorfeld vorbereitet, scharf zurückgewiesen. Die Kanzlei von Rechtsanwalt Dieter Böhmdorfer gab eine eidesstattliche Erklärung ab, wonach man von Überlegungen einer Wahl-Anfechtung erst Tage nach der Stichwahl Kenntnis erlangt habe.
Die Kanzlei veröffentlichte am Mittwoch einen offenen Brief an Verfassungsgerichtshof-Präsident Gerhart Holzinger, in dem die Vorwürfe Schnizers als "schwerwiegende Diffamierung" bezeichnet werden.
"Die öffentliche Behauptung (...), der Wahlanfechtungsantrag wäre schon vor der Stichwahl am 22. 05. 2016 'von langer Hand' (...) vorbereitet worden, ist eine pauschale und schwerwiegende Diffamierung einer politischen Partei, ihrer Funktionäre und Mitarbeiter und vor allem auch unserer Rechtsanwaltskanzlei", schreibt Böhmdorfer in dem Brief.
Der FPÖ-Anwalt schließt in dem Schreiben via eidesstattlicher Erklärung aus, dass Planungen hinsichtlich einer Wahl-Anfechtung schon vor der Stichwahl am 22. Mai getätigt worden sein könnten: "Wir erklären deshalb ausdrücklich an Eides statt, dass wir von der Überlegung, dass die Bundespräsidentschaftswahl 2016 möglicherweise 'angefochten' wird, erst Tage nach dem Stichwahltagtermin 22. 05. 2016 Kenntnis erlangt haben, dass ferner in unserer Kanzlei erst im Zuge der Erteilung des dezidierten Vertretungsauftrages am 31. 05. 2016 der entsprechende Akt angelegt wurde und für uns (RA Mag. Rüdiger Schender und RA Dr. Dieter Böhmdorfer) nicht der geringste Hinweis erkennbar wurde, dass Vorbereitungsarbeiten für eine Wahlanfechtung vor dem 22. 05. 2016 durchgeführt worden sein könnten. Wir schließen dies gemäß unserem Wissensstand ausdrücklich aus. Wir hätten daran nicht mitgewirkt."
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Auch zu einem späteren Zeitpunkt seien der Kanzlei diesbezüglich "nicht die geringsten Anhaltspunkte" bekannt geworden. Bei den Vorwürfen handle es sich um eine "politische Vermutung eines Mitglied des Verfassungsgerichtshofes, die nicht hingenommen werden kann", heißt es in dem Schreiben weiter. Schnizer hätte jederzeit in der Verhandlung vor dem VfGH Zeugen oder auch die Parteienvertreter "zu dem Thema 'Anfechtungsvorbereitung'" befragen können, betonte Böhmdorfer - er habe dies aber nicht getan.
Die Vorwürfe Schnizers seien "nicht nur frei erfunden, sondern staats- und verfassungsrechtlich geradezu verantwortungslos". Damit werde "gezielt eine Verschwörungstheorie in die Welt gesetzt, die beabsichtigt, die Spaltung der österreichischen Gesellschaft durch Missbrauches der Autorität des Verfassungsgerichtshofes herbeizuführen".
Kickl kündigt rechtliche Schritte an
FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl kündigte unterdessen medienrechtliche Schritte gegen Schnizer an. "Herr Schnizer wird im Zusammenhang mit den von ihm öffentlich getätigten Unterstellungen gegenüber der FPÖ betreffend die Anfechtung der Bundespräsidentenstichwahl in den kommenden Tagen Post von unserem Medienanwalt Dr. Michael Rami erhalten", sagte er in einer Aussendung.
Die Freiheitlichen seien nicht gewillt, Schnizers "unwahre Behauptungen und Unterstellungen" widerspruchslos zur Kenntnis zu nehmen, so Kickl, der in den Äußerungen Schnizers eine "parteipolitisch motivierte öffentliche Falschdarstellung der freiheitlichen Vorgangsweise samt Wahlempfehlung für (Alexander, Anm.) Van der Bellen" ortete.
Holzinger: Kein Grund für Distanzierung von Schnizer
Das von VfGH-Präsidialdirektor Dieter Kandlhofer im Namen von Holzinger verfasste Schreiben nahm Bezug auf Böhmdorfers offenen Brief an den VfGH-Präsidenten, in welchem Böhmdorfer die Mutmaßung Schnizers, die FPÖ hätte die Anfechtung der Stichwahl bereits im Vorfeld vorbereitet, als "schwerwiegende Diffamierung" bezeichnete. Außerdem äußerte Böhmdorfer darin die Hoffnung, dass sich der VfGH von den Wortmeldungen Schnizers distanziert.
"Die Notwendigkeit einer Distanzierung des Gerichtshofes von den medialen Aussagen dieses Mitglieds besteht nicht. Bei den Ausführungen von Dr. Schnizer handelt es sich, wie er auch selbst betont hat, um seine reine Privatmeinung, für die er naturgemäß selbst die Verantwortung trägt", heißt es in dem Brief des VfGH an die Kanzlei. Die Frage nach dem Zeitpunkt der Vorbereitung für die Anfechtung stellt sich laut Holzingers Brief nicht: "Im Übrigen sind für den Gerichtshof Spekulationen, wann eine Anfechtung vorbereitet worden ist, bedeutungslos."
Schnizer: "Das ist ein Eindruck, der bei mir entstanden ist"
In Österreich teilen sich die zwei (noch) mittelgroßen Parteien SPÖ und ÖVP alle Posten vom Portier bis zum Spitzenrichter auf. Den Verfassungsrichtern ist es bis jetzt immerhin gelungen, das Höchstgericht vom Geruch der Parteipolitik freizuhalten. Johannes Schnizer hat jetzt der Glaubwürdigkeit des Gerichts einen Bärendienst erwiesen.
Der ehemalige Mitarbeiter von Ex-Kanzler Gusenbauer (SPÖ) unterstellt der FPÖ, die Anfechtung der Wahl schon vor dem 2. Wahlgang geplant zu haben. Auch wenn man den Freiheitlichen zutraut, dass sie Institutionen des Staates unterminieren wollen, so darf diesen Vorwurf nur erheben, wer Beweise hat. Das gilt für einen Höchstrichter erst recht.
Sonderbar ist auch der Zeitpunkt der umstrittenen Aussage. Unmittelbar nach dem Urteil hätten die Verfassungsrichter zu ihren Beweggründen Stellung nehmen sollen. Und auch unterschiedliche Standpunkte, die es unter Juristen immer gibt, bekannt geben sollen. Das hätte ihre Glaubwürdigkeit gestärkt. Sein Solo und auch die Aussage, Van der Bellen zu wählen, hätte Schnizer sich sparen können.