VP-Chef: "Hypo und Budget schwierig genug"
Keine Woche ohne neues ÖVP-Problem. Wieder erzürnt ein Gesinnungsfreund die Parteiführung. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter plädiert dafür, dass homosexuelle Paare Kinder adoptieren dürfen. Ein No-Go für Michael Spindelegger & Co – noch dazu kurz vor der EU-Wahl. Stammwähler könnten sich ob dieses Begehrens, das just von einem konservativen Bauernbündler kommt, von den Schwarzen ab- und der Polit-Konkurrenz zuwenden, befürchten Schwarze. Dabei liegt die ÖVP in den Umfragen schon jetzt nicht gut.
Wie unangenehm ihm Rupprechters Vorstoß ist, zeigte sich nach dem Ministerrat, als ÖVP-Chef und Finanzminister Michael Spindelegger dazu befragt wurde: "Ich beschäftige mich mit der Hypo und dem Budget. Das ist schwierig genug." Rupprechter, der nicht im Kanzleramt war, ließ er wissen: "Mit einem Interview ändert man keine Parteilinie." Im Übrigen sei über das Adoptionsrecht "am richtigen Ort" zu debattieren – parteiintern.
Schärfer reagierte ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka. Warum Rupprechter Derartiges öffentlich fordere, wisse er nicht. "Überflüssig" sei es jedenfalls, sagte er dem KURIER. Die zuständige ÖVP-Ministerin, Sophie Karmasin, stehe "für offene und liberale Familienpolitik. Sie braucht keine Zurufe. Jeder Minister ist gut beraten, sich auf seine Aufgaben zu konzentrieren. Es leidet keiner an Unterbeschäftigung."
Karmasin pflichtete Lopatka bei. Hat sie mit Rupprechter geredet? "Er ist nicht mein Ansprechpartner. Ich bin die zuständige Ministerin." In der Sache selbst will die ÖVP nichts ändern. Die Begründung: Es gebe zehn Mal mehr adoptionswillige Eltern als Adoptiv-Kinder. Anders sei das bei Pflegekindern. Viele von ihnen müssten mangels Pflegeeltern in "Institutionen" untergebracht werden. "Da könnten sich Homosexuelle stärker einbringen. Das ist eine viel brennendere Frage als die Fremd-Kind-Adoption", befand Karmasin.
Verbündete hat der schwarze Agrarier in der SPÖ. Kurzkommentar von Kanzler Werner Faymann zu Rupprechters Adoptionsrechtswunsch? "Ich bin seiner Meinung."
Adoption vs. Pflege: Daten & Fakten
110 Adoptivkinder An die 110 Kinder werden in Österreich jährlich im Schnitt adoptiert. Es gibt aber zehn Mal so viele adoptionswillige Menschen. Alleinstehende können sich auch bewerben, in der Regel werden aber Paare (sie müssen nicht verheiratet sein) bevorzugt.
11.000 Pflegekinder 6542 Pflegekinder waren Ende 2012 in Wohngemeinschaften/Heimen untergebracht, 4507 bei Pflegeeltern. Wie lange Kinder bei Pflegeeltern bleiben, hängt vom Einzelfall ab. In einigen Bundesländern können Homo- sexuelle Pflegekinder betreuen.