Vom "Schlosshotel" zur Privatresidenz
Von Kid Möchel
Nicht nur für die Gemeinde schien der Deal mit dem Schloss Reifnitz ein Geschenk zu sein: Kurz vor Weihnachten 2005 wurde der Kaufvertrag zwischen Maria Wörth und der Magna Projekt Entwicklungs GmbH & Co OHG unterzeichnet.
„Maria Wörth hat sich in Abstimmung mit dem Land Kärnten zum Verkauf bereit erklärt, um die Errichtung eines hochwertigen Tourismus-Projektes zu ermöglichen“, heißt es im Vertrag, der dem KURIER vorliegt.
Kein Wunder, dass die Orts-Zampanos von Maria Wörth von einer exquisiten Bettenburg mit vielen Arbeitsplätzen, hoher Wertschöpfung und zusätzlichen Steuereinnahmen träumten.
Für die vermeintliche Chance, den Fremdenverkehr kräftig anzukurbeln, kamen Bürgermeister Adolf Stark und seine blauen Parteifreunde sowie SPÖ-Gemeinderäte Magna offenbar entgegen. Lediglich 6,4 Millionen Euro waren für 63.132 m² Schlossgrund am Südufer des Wörthersees zu berappen. Ein Schnäppchen: Der Quadratmeter kostete somit nur 101 Euro.
Fetter Rabatt
„Wenn man das privat verkauft, kann man das Doppelte erzielen“, gab FPK-Bürgermeister Stark damals im Gemeinderat zu Protokoll. „Aber in diesem Fall ist es für unser Gebiet und Kärnten wichtig, dass ein touristisches Projekt entsteht.“ Nachsatz: „Auf lange Sicht gesehen haben wir Einnahmen daraus und es ist sehr wichtig, dass in touristische Bahnen zu lenken und nicht in private.“ Damit wurden die Bedenken jener Gemeinderäte weggewischt, die alleine den Seegrund-Anteil der Liegenschaft (13.000 Quadratmeter) auf einen Wert von zumindest 13 Millionen Euro schätzten. Fast zur gleichen Zeit kaufte Magna ein kleines Nachbar-Grundstück von den Österreichischen Bundesforsten für 350 Euro pro Quadratmeter; und weitere 1736 Quadratmeter Seegrund von einer alteingesessenen Familie für 970 Euro pro Quadratmeter.
Das geht aus jener brisanten Strafanzeige hervor, die von der Wiener Anwältin Daniela Ehrlich im Vorjahr bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft deponiert wurde.
Ehrlich brachte damit den Stein ins Rollen, der möglicherweise für zehn Gemeindevertreter und Frank Stronach strafrechtliche Folgen haben könnte. Der Verdacht: Untreue. Die Vorwürfe werden vehement bestritten.
Indes hatten sich Maria Wörth und das Land (Kärntner Tourismus Holding) im Kaufvertrag gegen einen „Ausfall“ des Hotel-Projekts abgesichert. Darin wurde festgelegt, dass die Gemeinde das Schloss zurückkaufen kann, wenn innerhalb von fünf Jahren kein Tourismusbetrieb errichtet wird. Und sollte Maria Wörth das Geld dafür nicht aufbringen können, „verpflichtete“ sich das Land Kärnten, den Rückkauf zu übernehmen.
Denn: Das Land hatte ursprünglich eine Kaufoption für das Grundstück und ging aktiv auf Investorensuche – und dabei soll Jörg Haider seine Finger kräftig im Spiel gehabt haben. Wie der KURIER berichtete, soll die Freiheitliche Partei-Agentur „Connect“ nachträglich 240.000 Euro aus dem Deal lukriert haben. „Connect“ soll diesen Betrag dem Anwalt Gert Seeber in Rechnung gestellt haben, der alle drei Kaufverträge abwickelte. Haiders Partei brauchte dringend Geld. Aus dem „Bauvorhaben Schloss Reifnitz“ wurde dann doch kein „gewerblich-touristischer Betrieb“, wie der Kaufvertrag verlangte. Maria Wörth verzichtete dann 2011 – gegen eine Abschlagszahlung von einer Million Euro – auf das verbriefte Rückkaufsrecht. Dabei hätte man drei Jahre Zeit gehabt, den Rückkauf zu prüfen. Auch das Land Kärnten lehnte die Übernahme des Schlosses aufgrund von „Sparmaßnahmen“ ab.
Schlossherr Frank
Indes wollen Frank Stronach und Siegfried Wolf, die heutigen Schlossherren, elf Millionen Euro in die „Ruine“ gesteckt haben. Laut Anwältin Ehrlich hätte die Gemeinde aber nur den ursprünglichen Kaufpreis, die Instandhaltung und Wertsteigerung ablösen müssen, nicht aber Luxus-Umbauten.
Geredet wird in der Bevölkerung viel über das Schloss Reifnitz in der Gemeinde Maria Wörth, öffentlich dazu Stellung nehmen will freilich keiner. Nicht einmal Bürgermeister Adolf Stark, FPK: „Das ist ein laufendes Verfahren.“ Auch ein Fototermin vor dem Schloss käme ihm gar nicht gelegen.
Wobei dies ohnehin maximal vor dem Schlosstor möglich wäre, denn das Areal ist versperrt und videoüberwacht. Dabei hätte es ein touristisches Projekt mit Schloss-Zubau, Hotelneubau, Appartements und Villen mit insgesamt 181 Betten werden sollen – ein Erholungsdomizil für gestresste Magna-Manager. 80 Ganzjahresarbeitsplätze hätten dadurch geschaffen werden sollen.
Nun ist das schmuck sanierte Schlösschen Domizil für Frank Stronach und seinen früheren Magna-Manager Sigi Wolf, worauf auch das Türschild mit „Empfang, Lounge, Top 1, Top 2“ schließen lässt. Wolf war vergangenen Sommer häufig in der Residenz am Wörthersee. Seit Frank Stronach in Kärnten wahlkämpft, ist auch er des Öfteren Gast im Haus, das einst offiziell eine Magna-Gesellschaft gekauft hatte.
Großküche
Badezimmer mit Whirlpool gehören ebenso zur Ausstattung wie eine Großküche – für Partys. Da wird dann ein Koch samt Mitarbeitern geholt. Um das Objekt in Schuss zu halten, sind ein Hausmeister ganztägig und eine Hausangestellte halbtags das ganze Jahr über zugange. Ein riesiges Areal mit Rasenflächen, parkähnlicher Anlage, Badeplatz mit Bootshaus, Umkleiden, Poolbar und Swimmingpool ist zu betreuen, ebenso wie 80 Stufen, die direkt zum See führen. So gesehen wurden durch den Verkauf wenigstens eineinhalb Arbeitsplätze geschaffen.
Derzeit kann sich Stronach beruhigt zurücklehnen: Im Dezember 2011 hat er der Gemeinde um eine Million Euro das Recht auf Rückkauf des Schlosses abgekauft – zwei Jahre vor Ablauf der Frist. Mit dem Angebot eines – unbekannten – Investors, Magna das Schoss abzukaufen und der Gemeinde zwei Millionen für den Rückkaufsverzicht zu zahlen, hat sich der Bürgermeister angeblich nicht auseinandergesetzt.
Eile für Bautätigkeit besteht auch nicht: Die Bewilligungen für das Hotelprojekt sind im Dezember 2010 abgelaufen. „Ich habe im Gemeinderat vergeblich gewarnt, dass das überstürzte Abtreten des Rückkaufsrechts möglicherweise den Tatbestand der Untreue darstellt“, sagt dazu Vizebürgermeister Helmut Rothe von der Bürgerliste.