Politik/Inland

Viktor Orbán: Bruch mit EVP, neue Nähe zu Strache

Er hat den Ellbogen lässig aufs Rednerpult gestützt, sein linkes Knie ist leicht gebeugt, und man darf ruhig sagen: Viktor Orbán lümmelt ein wenig.

Vor allem aber muss man sagen: Der Ministerpräsident Ungarns fühlt sich offenkundig wohl. Und das liegt an diesem verregneten Nachmittag wohl auch an dem Gast, der zwei Armlängen entfernt von Orbán jetzt eine Pressekonferenz in der Budapester Burg abhält: Heinz-Christian Strache, Chef der FPÖ und Vizekanzler von Österreich.

„Wir haben unsere freundschaftlichen Beziehungen vertieft“, wird Orbán später sagen. In vielem sind sich die Freiheitlichen und Orbáns Fidesz-Partei einig; ganz besonders bei den Themen Migration und Zuwanderung.

Doch dazu später mehr, denn zunächst einmal gibt es eine Attacke, die sich der Ungar für die Europäische Volkspartei an diesem Montag überlegt hat. „Wenn jemand ein Land so beleidigt“, sagt Orbán, „dann kann der Ministerpräsident dieses Landes seine Kandidatur nicht mehr unterstützen.“

Dieser „Jemand“ heißt Manfred Weber, ist Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) für die Wahl zum EU-Parlament, und hat laut Orbán gesagt, dass er mit den Stimmen der Ungarn nicht Präsident der EU-Kommission werden wolle.

Orbán sah Affront

Wahr ist: Als Manfred Weber vor Wochen gefragt wurde, ob er auch dann noch Kommissionspräsident werden wolle, wenn er dafür die Stimmen von Orbáns rechtspopulistischer Fidesz benötigt, da antwortete der Bayer mit einem klaren „Nein“. Für Orbán ein Affront – und den ahndet er nun mit einem weiteren Schritt weg von der EVP. Und dass Webers Aussage Wochen zurückliegt und dieser zudem ein politischer Freund des österreichischen Regierungschefs Sebastian Kurz ist, zählt vergleichsweise wenig.

Strache und Orbán geben sich an diesem Nachmittag alle Mühe zu vermitteln: Wir mögen und schätzen einander. „Heinz-Christian Strache und die FPÖ waren nötig, damit Österreichs Politik zuwanderungsfeindlich wird. Wir beobachten die Politik der FPÖ mit großer Freude“, sagt der eine.

Viktor Orbán hat gezeigt, wie verantwortungsvoll er die Außengrenzen bereit ist zu schützen. Er arbeitet mit Herz und Charakter für seine Bevölkerung. So sehe ich meine Verantwortung auch“, erwidert der andere.

Doch so wertschätzend die beiden an diesem Tag mit- und übereinander sprechen: Dass der Besuch des Vizekanzlers beim Koalitionspartner als Provokation aufgefasst werden könnte, ist mit Händen zu greifen.

Erst am Freitag hatte Regierungschef Sebastian Kurz gemeinsam mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder bei einem Treffen in Wien sehr deutlich Distanz zu Orbán signalisiert. Orbán will, dass die EVP stärker mit Europas Rechtspopulisten kooperiert.

Gudenus-Auftritt bei AfD

Eine Kooperation mit Parteien wie der AfD? Für Kurz und Söder kommt das nicht infrage. Für die FPÖ durchaus, mehr noch: Für die Freiheitlichen ist die AfD eine befreundete Partei. Und so kam es, dass erst am Freitag FPÖ-Klubchef Johann Gudenus in Pforzheim auftrat, um bei einer Wahlkampf-Veranstaltung der AfD das Impulsreferat zu halten.

„Die EVP muss ihre ausgrenzende Haltung überdenken“, forderte Strache an der Seite Orbáns.

Und der hatte, kurz aber doch, auch etwas Lobendes über Österreichs Regierungschef zu sagen. Denn als der KURIER den ungarischen Premier fragt, ob er wie der ÖVP-Chef für eine Erneuerung des EU-Vertrages eintritt, antwortet Orbán: „Eine gute Idee. Ich habe vor Freude meinen Hut hochgeworfen, als ich davon gehört habe.“