Ein Verteidigungsminister auf Einkaufstour
Als Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil am Mittwoch bei einem Truppenbesuch beim Jägerbataillon 25 in Klagenfurt neue, hochmoderne Kampfhelme präsentierte, wollten die Soldaten diese gleich behalten. Doch das waren nur "Vorführstücke". Doch die Soldaten können sich trösten: Noch heuer werden 20.000 Stück um 19,7 Millionen Euro gekauft und sofort an die Truppe ausgeliefert.
Sie sind nur ein kleiner Teil einer noch geheimen Beschaffungsliste des Generalstabes, die dem KURIER vorliegt. Laut diesem Papier werden bis zum Jahr 2020 insgesamt 1,208 Milliarden Euro ins Gerät investiert. Begonnen wird mit den Einkäufen sofort. Denn auch das laufende Budget wurde schon um 250 Millionen "aufgefettet", die bis Jahresende ausgegeben sein müssen.
Doskozil will bei der persönlichen Ausrüstung der Soldaten beginnen. Noch dieses Jahr sollen neben den Kampfhelmen auch Schutzausrüstungen wie feuerfeste Kampfanzüge und zusätzliche Waffen beschafft werden. Zudem soll für die jahrzehntelang vernachlässigte Miliz ab sofort ordentliche Bekleidung, Gehörschutz und Schutzmasken gekauft werden. In den folgenden Jahren bekommen die Milizionäre dann auch Nachtsichtgeräte.
Fahrzeugflotte
Nachdem 800 alte Pinzgauern weggegeben werden mussten, geht ein Großteil der Truppe derzeit zu Fuß. Nicht mehr lange – noch dieses Jahr bekommt die Truppe 22 geschützte Mehrzweckfahrzeuge "Husar" um 28 Millionen, 18 Allschutzfahrzeuge "Dingo" um 20 Millionen und 140 neue Lkw um 20 Millionen. Weiters kommen Spezialfahrzeuge und Busse. Die Gebirgsjäger dürfen sich bald über Geländefahrzeuge "Hägglund" und "Quads" freuen.
Kommendes Jahr sollen dann 300 alte Puch-G ersetzt werden. Ab dem Jahr 2018 sollen alle ausgeschiedenen Pinzgauer ersetzt worden sein. Die ABC-Abwehr erhält das 30 Millionen Euro teure Dekontaminationssystem "TEP 90", und um ebenfalls 30 Millionen wurde das Luftraumüberwachungssystem "EMMA" gekauft.
Sofort schlagend werden auch Investitionen für moderne Hard- und Software zur Abwehr von Cyber-Bedrohungen.
Luftpaket
Die Transportmaschine Hercules bekommt noch heuer ein Nacht- und Selbstschutzpaket. Auch die Black-Hawk-Hubschrauber werden nachgerüstet. Die Nachbeschaffung der Saab-105, der Ankauf einer leichten Hubschrauberflotte und eines Drohnen-Abwehrsystems erfolgen in den kommenden Jahren.
Parallel dazu laufen umfangreiche Bauprogramme. Den lange verzögerten Neubau von Hallen und Werkstätten in der Pionierkaserne Melk hat Doskozil zur "Chefsache" erklärt. Doskozil will mit seinem Investitionsprogramm auch Wirtschaftsimpulse für heimische Betriebe bringen: "Mein Ziel ist es, möglichst viel österreichische Wertschöpfung zu generieren." Bei der Wirtschaft vernimmt man die Botschaft mit Freude. Reinhard Marak, Geschäftsführer der ARGE Sicherheit & Wirtschaft in der Wirtschaftskammer zum KURIER: "Ich bin sicher, dass unsere Firmen in dieser Sparte sehr konkurrenzfähig aufgestellt sind."
Erich Cibulka, Chef der Offiziersgesellschaft, ist ebenfalls hocherfreut: "Damit wurde der unmittelbar bevorstehende Zusammenbruch abgewendet und das Bundesheer erhält in den wichtigsten Bereichen seine Handlungsfähigkeit zurück." Cibulka relativiert aber: Eine Aufrüstung des Bundesheeres auf einen adäquaten, mitteleuropäischen Standard sei nach der jahrzehntelangen Demontage auch mit diesen Mitteln noch nicht möglich.
Laut einer Studie des Generalstabes für das Parlament steht derzeit der islamistische Terror in ganz Europa und damit auch in Österreich ganz oben auf der Bedrohungsskala. Welche Anforderungen dabei an das Bundesheer gestellt werden, zeigt ein Blick auf die Terroranschläge in Frankreich, Belgien, Spanien und Großbritannien.
Präventiv muss neben den zivilen Sicherheitsdiensten auch das Heeresnachrichtenamt die Terrorgefahr als Schwerpunkt bearbeiten. Im Falle eines Terrorangriffes müsste das Bundesheer die Luftraumüberwachung intensivieren und gefährdete Lufträume abriegeln (No-fly-Zonen). Außerdem wird eine hohe Anzahl von Hubschraubern benötigt, um rasch zivile und militärische Einsatzkräfte in die gefährdeten Räume zu verlegen.
Am Boden bedarf es einer hohen Zahl von Soldaten zum Schutz der kritischen Infrastruktur und zur Verstärkung von Polizeistreifen im gesamten Bundesgebiet. Spezialeinheiten wie das Jagdkommando und Sprengstoffexperten müssen rasch verfügbar sein. Für den Fall eines Angriffes mit chemischen, biologischen oder radioaktiven Kampfstoffen, wie etwa auf die U-Bahn in Tokio, muss auch die ABC-Abwehr einen hohen Bereitschaftsgrad aufweisen.
Das bedarf zusätzlicher Fähigkeiten und Ausrüstung. Benötigt werden vor allem gehärtete Fahrzeuge und Radpanzer zur geschützten Annäherung von Einsatzkräften an den Tatort und zur Bergung von Verletzten und Geiseln.
Die Schwerpunkte des Investitionspaketes sind daher die Modernisierung der ABC-Abwehr, die Stärkung der Militärstreife/Militärpolizei, ein Ausstattungspaket für das Jagdkommando und Investitionen in die Sanitätsversorgung durch die Beschaffung von Patiententransportfahrzeugen, einer Feldambulanz und einem Feldspital.