Urgestein Blecha geht von der politischen Bühne ab
Führungswechsel bei den roten Senioren: Kern-Intimus Peter Kostelka übernimmt am Montag das Ruder. Karl Blecha war schon Minister, da war Bundeskanzler Sebastian Kurz noch lange nicht auf der Welt.
Just an seinem 85.Geburtstag verabschiedet sich das Urgestein – im Noricum-Skandal als Innenminister zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt und dennoch unter Genossen immer noch bestens angeschrieben – von der größeren Polit-Bühne in den Ruhestand. Nach fast 20 Jahren an der Spitze des Pensionistenverbandes übergibt Blecha beim Verbandstag der roten Senioren an Peter Kostelka.
Dieser, einstmals Kanzleramtsstaatssekretär und Klubobmann der Sozialdemokraten im Parlament, soll sich im Kampf um den Spitzenplatz im Pensionistenverband auch aufgrund seiner engen Verbindung zu SPÖ-Chef Christian Kern durchgesetzt haben. Schließlich war der 71-jährige Vater eines 14 Monate alten Kindes einst Chef und Mentor Kerns, als sich dieser als Pressesprecher seine ersten Sporen verdiente. Fortan steht Kostelka nun einer der mächtigsten Interessensvertretungen des Landes vor: Der Pensionistenverband zählt derzeit 388.000 Mitglieder, in den vergangenen Jahren konnte man die Mitgliederzahl relativ konstant halten. Neben organisierten Reisen und Veranstaltungen für Ältere (der Pensionistenverband verfügt sogar über ein eigenes Reisebüro und bietet für seine Mitglieder verbilligte Ausflüge an) geht es dort vor allem um beinharte Lobby-Arbeit.
Kreisky-Ziehsohn
Ganz zurückziehen will sich Blecha indes nicht: „Nix tun ist absolut keine Option für mich“, so der 85-Jährige zum KURIER. In seinem Institut für empirische Sozialforschung (Ifes), wird Blecha nun ein neues Büro beziehen, um sich stärker einzubringen. Laut seinem Umfeld wird der einstige Ziehsohn von Bruno Kreisky (Zitat Blecha: „Mein großer Lehrer!“) auch künftig noch für so manch deftige Wortspende zu haben sein.
Kostelka, der als Pensionistenverband-Präsident „auch Anwalt der künftigen Pensionisten“ sein will, übernimmt die roten Pensionisten indes in einer heiklen Phase: Erstmals seit rund zehn Jahren steht man in Opposition zur Bundesregierung – im Gegensatz zum schwarzen Pendant, dem ÖVP-Seniorenbund.
„Mehr Diskussionen“
Dessen Chefin Ingrid Korosec, der nun mit Blecha das Gegenüber im rot-schwarz-dominierten Seniorenrat abhanden kommt, ist sich der neuen politischen Gegebenheiten in der gemeinsamen Seniorenpolitik durchaus bewusst: „Ab jetzt“, so die ÖVP-Dame zum KURIER, „haben wir vielleicht ein bisserl mehr Diskussionsbedarf als in der jüngeren Vergangenheit“. Nachsatz: „Das kann aber spannend werden“. Blecha habe ihr zufolge „seine Rolle als reiner Parteipolitiker im Seniorenrat abgelegt“, das erwarte sie nun auch von Kostelka.
Zugleich versieht sie den Ex-Volksanwalt, der im Vergleich zu Blecha als relativ ruhiger Zeitgenosse beschrieben wird, mit Vorschusslorbeeren: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir gut zusammenarbeiten werden. Kostelka kenne und schätze ich seit Jahren. Ich denke, wir haben sehr ähnliche Interessen.“
Wahl habe man Korosec zufolge ohnehin keine: „Denn wenn wir nicht zusammenarbeiten, ist der Seniorenrat schlichtweg obsolet.“