Politik/Inland

"Überflüssige" Gesetze: Justizminister plant Deregulierungsoffensive

Der von der FPÖ zur ÖVP gewechselte Justizminister Josef Moser begeht das Jahr 2018 mit einer Deregulierungsoffensive. Gegenüber dem KURIER erläutert das Justizministerium die beiden Schritte:

1. Halbjahr: Moser kündigte im Fernsehen an, er werde alle Gesetze und Verordnungen, die bis zum Jahr 2000 erlassen wurden, außer Kraft setzen. Auf mehrfache Nachfrage des KURIER räumte seine Sprecherin am Montag ein, dass nicht der Minister die Rechtsnormen außer Kraft setzen könne, sondern dass er dieses Vorhaben dem Parlament unterbreiten müsse und werde. Der Nationalrat soll ein Außerkraftsetzungsgesetz machen, das alle Rechtsnormen bis 2000 aufhebt. Weiterhin gelten sollen nur jene Gesetze und Verordnungen, die auf einer Liste dem Außerkraftsetzungsgesetz angehängt werden.

Dass Österreichs Rechtsbestand wie zum Beispiel das Bürgerliche Gesetzbuch nur mehr aus einem Anhängsel zu einem Entrümpelungsgesetz bestehen soll, stößt unter Juristen auf Kopfschütteln.

Experten einschalten

Experten verweisen auch darauf, dass es bei den vielen Vorschriften, die auf Unmut stoßen, weniger um ganze Gesetze, als viel mehr um Einzelbestimmungen in Gesetzen bzw. und die praktische Anwendung und Auslegung von Gesetzen geht. Auf diesen Vorhalt hin verweist das Moser-Ministerium auf geplante Vorhaben im

2. Halbjahr: Im Herbst 2018 will Moser die Gesetze, die das Frühjahr überstanden haben, nach Vereinfachungen durchforsten.

Ganz sang- und klanglos dürfte der Nationalrat Mosers Außerkraftsetzungsgesetz nicht durchwinken. Am Montag war der Verfassungssprecher der ÖVP, Wolfgang Gerstl, zu einem Termin im Justizministerium. Gerstl begrüßt die Deregulierungsoffensive, sagt aber, das Projekt müsse ein gemeinsames von Regierung und Parlament werden.

Der Nationalrat sei bereits dabei, eine Online-Plattform für Vorschläge zu einer Aufgabenreform einzurichten. Das Streichen von Gesetzen solle mit einer Aufgabenreform Hand in Hand gehen, und alles zusammen solle von einer Expertenkommission begutachtet werden. "So sollte die Vorgangsweise sein, so steht sie auch im Koalitionspakt", sagt Gerstl zum KURIER. Tatsächlich steht auf Seite 16 des Koalitionspakts, dass die Entbürokratisierungs-Vorschläge von Bürgern, Unternehmen und Beamten von einer Expertenkommission geprüft werden, "ob die Regelungen abgeschafft oder zumindest verändert werden können".

Falscher Suchort

Top-Juristin Irmgard Griss, die für Neos im Parlament ist, hält Mosers Vorgangsweise für "Politik-Marketing für Nicht-Juristen". Alles vor dem Jahr 2000 aufzuheben, klinge für Nicht-Experten nach "reinen Tisch machen". Man müsse abwarten, was bei der Aktion wirklich rauskomme.

Griss: "Wenn die Regierung die Ministerialbeamten fragt, welche Gesetze sie für überflüssig halten – was werden die Beamten wohl antworten?" Daher ordnet Griss die Moser-Ansage in den Bereich des Marketings. Viele Bürokratie-Ärgernisse seien nicht in überflüssigen Spezialgesetzen zu finden, sondern entstünden durch zu viele Detail- und Einzelvorschriften von Behörden.