Politik/Inland

U-Ausschuss: Rechtsschutzbeauftragte mit massiver Kritik an WKStA

 

Die Justiz-Rechtsschutzbeauftragte Gabriele Aicher hat ihr Eingangsstatement im ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss am Mittwoch vor allem für das Zurückweisen von Vorwürfen und teils massiver Kritik an der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) genutzt. Sie sei weder ÖVP-nah noch Teil eines türkisen oder schwarzen Netzwerks. Außerdem sah sie sich als Opfer "medialer Diffamierungen", die zum Zurücklegen ihrer Funktion ab Ende Juni geführt hätten.

Aicher hatte im Vorjahr harsche Kritik an Ermittlungen der WKStA geübt, vor allem an jenen gegen das Medienhaus "Österreich" und die dort stattgefundenen Razzien im Zusammenhang mit der Inseratenkorruptionsaffäre um die ÖVP. Später stufte das Oberlandesgericht Wien die Bewilligung der (dann doch nicht erfolgten) Peilung der Handys der beiden Medien-Manager Wolfgang und Helmuth Fellner als rechtswidrig ein - weil die WKStA die Ermächtigung Aichers nicht eingeholt hatte.

Interessenskonflikt

Bei ihrer medialen Kritik daran hatte sich Aicher von einer Kanzlei beraten lassen, die auch Beschuldigte in diesem Verfahren vertritt. Das habe sie zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst, so Aicher im Ausschuss. Die freie Anwaltswahl sei ein Grundrecht - zudem sei es Aufgabe des Anwalts festzustellen, ob ein Konflikt vorliege und nicht des Mandanten.

Kritik übte Aicher vor allem an der WKStA. Diese hätte aufgrund von medialen Veröffentlichungen jeden involvierten Mitarbeiter außerhalb ihres eigenen Apparats als potenziellen Verräter von Amtsgeheimnissen betrachtet. Ihre berechtigte Kritik an der beabsichtigten Handy-Peilung sei wiederum völlig haltlos als politischer Angriff auf die WKStA betrachtet worden. Diese Kritik sei aber gerade ihre Aufgabe als Rechtsschutzbeauftragte: "Gebühren nur durch Wegsehen oder Durchwinken zu lukrieren, ist mit meiner Rechtsauffassung nicht vereinbar." Sie habe den Eindruck, die WKStA sorge sich mehr um ihre eigenen Rechte als um jene der Beschuldigten.

"Ewiger Zwist"

Überhaupt sprach Aicher von einem "ewigen Zwist" mit der WKStA. Bereits während ihrer Tätigkeit bei der Generalprokuratur habe man "immer wieder erhebliche Bedenken gegen die Vorgangsweise der WKStA" gehabt. Zum Teil habe diese rigoros Amtsmissbrauch-Ermittlungen geführt, etwa gegen Müllmänner in Wien, weil diese neben den Mülltonnen abgestellte Mistsäcke mitgenommen hätten, ohne ein Formular auszufüllen. Man habe einen eigenen Senat für Korruptionsermittlungen bilden müssen, weil "jeder Verstoß gegen eine Hausordnung zum Amtsdelikt" gemacht wurde. Wiederholte Leaks bei Verfahren, an denen die WKStA beteiligt ist, nannte sie ein "Riesenproblem".

Der Konflikt mit der WKStA sei ein Grund für ihren Rücktritt gewesen. Ihr sei klar gewesen, dass sie "einfach keine Ruhe" geben werden, so Aicher: "Ich will schlicht und ergreifend aus diesem Krieg draußen sein." In der Justiz werde die WKStA gefürchtet, meinte die Rechtsschutzbeauftragte. Die Auswertung der Chats wertete sie als Eingriffe in "höchstpersönliche Rechte", so Aicher: "Das ist hochproblematisch." Zudem würden Telefonate aufgezeichnet und immer wieder mit Anzeigen gearbeitet. "Wir sind ja alle schon ganz fertig vor lauter Verfolgtwerden."

"Unerträglich"

Wiederholt sprach Aicher in ihrer erst nach fünf Stunden beendeten Befragung von "Abschlusslisten" und "Anwürfen" gegen einzelne Personen. "Es ist für uns unerträglich anzuschauen, wie der (Leitende Oberstaatsanwalt, Anm.) Fuchs abgeschossen wird. "

Zuvor hatte die Kabinettschefin im Justizministerium, Sarah Böhler die Abfolge der Aktenlieferung und das Ausbleiben der nochmaligen Befassung des Weisungsrats beim Strafantrag gegen den leitenden Oberstaatsanwalt Johann Fuchs gerechtfertigt. Zu beiden Punkten kam im Vorfeld Kritik der ÖVP. Politische Einflussnahme durch Justizministerin Alma Zadic (Grüne) wies die Kabinettschefin zurück.

Die Auswertung der Chats sei eine "herausfordernde Angelegenheit". Man habe zwar zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt, die Auswertung funktioniere aber nur mit Beteiligung der den Fall führenden Staatsanwälte, so Böhler. Hinsichtlich der Kritik der ÖVP, wonach Chats des ehemaligen Kabinettschefs im Finanzministerium und ÖBAG-Chefs Thomas Schmid mit Vertretern der SPÖ noch nicht geliefert wurden, meinte die Kabinettschefin, dass es keine Einigung der Fraktionen auf die Reihung der Lieferungen gibt und daher als einzig "objektives Kriterium" der Zeitpunkt des Einlangens der Beweisanforderungen bleibe. Und auch Zadic wies die Vorwürfe gegen ihre Mitarbeiter "aufs Schärfste" zurück. Sie halte diese für ein "Ablenkungsmanöver", sagte sie im Pressefoyer nach dem Ministerrat - und sie bat darum, im U-Ausschuss zu einer "sachlichen Arbeit" zurückzukehren.

Strafantrag hätte wenig geändert

Zuvor war mit Susanne Reindl-Krauskopf ein Mitglied des Weisungsrats im Justizministerium geladen, der Bedenken gegen den von der Staatsanwaltschaft Innsbruck eingebrachten Strafantrag gegen Fuchs hatte. Diese betrafen sowohl den Vorwurf des Geheimnisverrats gegen Fuchs als auch jenen der falschen Zeugenaussage. Die Bedenken des Rats seien überprüft worden, inhaltlich habe sich im Strafantrag aber wenig geändert.

Beim Aspekt des Geheimnisverrats sei etwa nicht klar herausgearbeitet gewesen, ob der damalige Sektionschef Christian Pilnacek nicht doch kraft seiner Funktion Einsicht in die von Fuchs an ihn übermittelten Dokumente hätte haben dürfen. Selbst wenn nicht, müsste Fuchs aber auch der Vorsatz nachgewiesen werden, gewusst zu haben, dass Pilnacek dafür nicht mehr zuständig ist, schilderte die Strafrechts-Professorin. Das sei im ursprünglichen Strafantrag nicht präzise genug dargelegt gewesen. Der Rat ist ein Beratungsgremium des jeweiligen Justizministers bzw. der jeweiligen Justizministerin in sogenannten "clamorosen" (mit öffentlichem Interesse verbundenen) Fällen.

Die Bedenken des Rats seien bei der Staatsanwaltschaft insofern angekommen, dass eine Überprüfung durchgeführt worden sei, meinte Reindl-Krauskopf. Man habe einzelnen Punkten entsprochen, den Strafantrag konkretisiert und eingeschränkt. Teils habe die Staatsanwaltschaft aber die Dinge anders gesehen als der Rat - das sei auch durchaus möglich: Immerhin habe der Rat nicht den gesamten Akt. Seinen Bedenken könne ja durchaus auch dahingehend Rechnung getragen worden sein, dass man sich noch einmal das gesamte Beweismaterial angesehen habe und zum Schluss gekommen sei, dass dieses für eine Verurteilung ausreichend sei.

Thematisiert wurde auch der Umstand, dass der überarbeitete Strafantrag nach einer Weisung Zadics nicht erneut dem Weisungsrat vorgelegt wurde. Dies sei im Regelfall auch nicht üblich, meinte Reindl-Krauskopf. Mit seiner Äußerung habe der Rat ja bereits seine Bedenken klargemacht. Eine neuerliche Vorlage sei gesetzlich nicht zwingend. Weiteren Beratungsbedarf gebe es eigentlich nur bei technischen Umsetzungsschwierigkeiten oder neuen Sachverhaltsgrundlagen - das sei aber sehr selten. Ob solche im Fall Fuchs vorgelegen haben, könne sie schwer einschätzen.