Politik/Inland

Thinktank: Arbeit entlasten wichtiger als niedrige Gewinnsteuer

Noch im April muss die Regierung die mittelfristige Finanzplanung – inklusive grundsätzlicher Inhalte zur Steuerreform - nach Brüssel melden. Details zur den geplanten Entlastungsmaßnahmen wird die Koalition aber wohl eher erst nach Ostern bekannt geben. 

Bisher bekannt ist: In mehreren Stufen sollen die Steuerzahler bis zum Jahr 2022 um 4,5 Milliarden Euro entlastet werden. Geplant sind unter anderem eine baldige Senkung der Krankenversicherungsbeiträge für untere Einkommen. Ab 2021 sollen eine Tarifreform bei der Lohn- und Einkomennsteuer und eine Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt) folgen. Als letzten Schritt plant die Bundesregierung,  die kalte Progression abzuschaffen. 

Zu wenig ambitioniert

Das sei "nicht wirklich ambitioniert", findet Lukas Sustala von der „Agenda Austria“. Vor allem die Entlastung des Faktors Arbeit kommt dem Experten des wirtschaftsliberalen Thinktanks zu kurz. 

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Bei den Arbeitskosten liegt Österreich im europäischen Spitzenfeld. Nur in Belgien, Deutschland, Italien und Frankreich ist der Faktor Arbeit höher besteuert als hierzulande. 

Gemessen am Bruttoinlandsprodukt summieren sich die Steuern auf Arbeit in Österreich auf 23,1 Prozent. Will man sich dem Durchschnitt der Euro-Zone von 20,9 Prozent nähern, sind die von der Regierung geplanten zwei bis 3,5 Milliarden Euro Tarifentlastung zu wenig, sagt Sustala. Nötig seien da mindestens acht Milliarden. 

Wie das bewerkstelligt werden soll, dazu hat „Agenda Austria“ zwei verschiedene Tarifszenarien entwickelt.

Zwei Szenarien

Im ersten – dem „radikalen“ – Szenario beginnt die erste Steuerstufe bei 10 Prozent (ab 10.000 Euro), 20 Prozent ab 20.000 Euro, 25 Prozent ab 30.000 Euro, 35 Prozent ab 60.000 Euro. Der Höchststeuersatz von 40 Prozent kommt erst ab 90.000 Euro Jahreseinkommen zu tragen. Allerdings müsste dazu eine „heilige Kuh“ geschlachtet werden, nämlich die steuerliche Begünstigung des 13. und 14. Gehalts. Eher unwahrscheinlich, das weiß auch Sustala.

Im Zweiten Szenario bleibt die Sechstelbegünstigung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld bestehen, dafür wird ab 10.000 Euro schon mit 15 Prozent besteuert. 25 Prozent ab 20.000 Euro, 30 Prozent ab 30.000 Euro, 40 Prozent ab 60.000 und 45 Prozent ab 90.000 Euro. Beide Szenarien bringen eine Entlastung von rund 8,4 Milliarden Euro. 

Dem gegenüber bringen die kolportierten Tarifreformpläne der Regierung (20 Prozent ab 11.000 Euro, 30 Prozent ab 18.000 Euro, 40 Prozent ab 31.000 Euro, 48 Prozent bei 60.000 und 50 Prozent ab 90.000 vor) nur maximal 3,5 Milliarden Euro.

"Absolute Priorität"

Von einer geringeren Belastung des Faktors Arbeit würden nicht nur die Steuerzahler profitieren, sondern auch der Standort – und zwar mehr als von der geplanten Senkung der Körperschaftssteuer, glaubt Sustala. Im aktuellen Wettbewerb um Fachkräfte seien die Arbeitskosten wichtiger als die Unternehmensbesteuerung. Daher müsse die Entlastung der Arbeit "absolute Priorität" haben.

Damit die Steuerreform auch nachhaltig ist, müsse die kalte Progression abgeschafft werden. Sie führt alleine in der laufenden Legislaturperiode (2017-22) zu Mehrbelastungen von mehr als 8,5 Milliarden Euro. Die Abschaffung der kalten Progression steht im aktuellen Regierungsprogramm und ist Teil der angekündigten Steuerreform.

Doch Restzweifel bleiben: „Das stand auch schon in früheren Regierungsübereinkommen. Papier ist geduldig“, sagt Ökonom Sustala. Angesichts der Tatsache, dass das Thema heute viel intensiver diskutiert werde als früher, sieht er jedoch „ein absolut mögliches Zeitfenster für eine Abschaffung“.