Schelling: "Vermögenssteuer als Gretchenfrage"
Die Expertengruppe zur Steuerreform hat zum letzten Mal getagt, ihr Bericht ist fertig – was in den Empfehlungen der Kommission steht, ist nur zum Teil bekannt. Die ÖVP etwa soll ein Familienmodell mit einer Entlastung von 1,1 Mrd. Euro vorgelegt haben, berichtete die Tiroler Tageszeitung, die SPÖ schlug einen "Kinderbildungsbonus" vor (siehe unten). Am kommenden Dienstag werden die Experten den Bericht offiziell an Finanzminister Hans Jörg Schelling und SPÖ-Klubchef Andreas Schieder überreichen.
Der Finanzminister will dann am Mittwoch in die Gespräche mit dem Koalitionspartner starten – und die werden vermutlich nicht allzu einfach werden: Im Ö1-Journal zu Gast sagte Hans Jörg Schelling, dass der große Unterschied der beiden Modelle die neuen Steuern seien: „Und das wird auch der Knackpunkt sein“, meinte er. Zwar gäbe es durchaus Überschneidungen bei den Ideen von SP und VP (siehe dazu Grafik unten), aber besonders reichhaltig sei die Ausbeute da nicht.
"Das wird die Gretchenfrage"
Einen Punkt in den Verhandlungen wird es geben, bei dem es sich definitiv spießen wird: Man könne über alles reden, nur bei den von der SP im Wahlkampf versprochenen Vermögenssteuern gibt sich Schelling unnachgiebig: „Ich bleibe bei meiner Position, keine Substanzsteuern. Das wird die Gretchenfrage.“ Gesprächsbereit zeigt er sich hingegen bei der von der VP vorgebrachten Streichung bestimmter Ausnahmeregelungen bei der Mehrwertsteuer. „Keine der vorgeschlagenen Maßnahmen ist fix.“
Drei Milliarden durch Verwaltungsreform
Ein klein wenig konkreter als bisher war Schelling bei der Frage der Gegenfinanzierung, die in beiden Modellen ja auch über die Verwaltungsreform passieren soll – wie genau, ließ man aber bislang immer offen. Als analoges Beispiel dafür nannte Schelling die Gesundheitsreform, die sich über eine nominelle Ausgabenobergrenze finanziert hat.
Bund, Ländern und Gemeinden würden nach oben hin limitierte Steigerungsraten bei Personal- und Sachkosten vorgeschrieben, dies führe zu Einsparungen und in weiterer Folge zu Umschichtungen bei der Aufgabenverteilung. Die Länder müssten – Stichwort Finanzausgleich – hier mitziehen, so Schelling.
Insgesamt beziffert Schelling das Sparpotenzial dieser Maßnahmen auf bis zu drei Milliarden Euro – gerechnet bis ins Jahr 2020. Auch dass man sich eine zusätzliche ganze Milliarde aus dem verstärkten Kampf gegen Steuerbetrug erwartet, sieht er als realistisch an. Durch mehr Personal würden wesentlich mehr Steuerprüfungen möglich.
Zunächst heiße es aber warten auf den Bericht, so der Finanzminister – der wird übrigens gleich nach der Übergabe an ihn auf der Website des Finanzressorts zugänglich gemacht.
Der Bericht der Steuerreformkommission stellt die Konzepte beider Koalitionspartner gegenüber. So soll die Idee der Mehrwertsteuer-Erhöhung von der SPÖ-Seite gekommen sein, die sich dadurch 400 Mio. Euro an Mehreinnahmen erwartet habe. Die ÖVP-Experten hätten dies als "politische Wertungsfrage" bezeichnet. Am stärksten betroffen wäre mit einer solchen Maßnahme übrigens die Landwirtschaft.
Unterschiedliche Konzepte gibt es bei den Familien: Die ÖVP-Experten sprechen von einer Entlastung um 1,1 Mrd. Euro. So könnte etwa bei der Steuerbemessung der Kinderfreibetrag von 220 Euro auf 2.200 Euro pro Jahr erhöht werden. Die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten soll bis zum Ende der Schulpflicht ausgedehnt werden. Die SPÖ schlug hingegen einen "Kinderbildungsbonus" mit Mehrkosten von 150 Mio. Euro für den Staat vor. Eltern sollten bis zu 1.600 Euro pro Jahr und Kind direkt von der Steuer abziehen können, Doppelverdiener und Alleinerzieherinnen sollten insgesamt 2.000 Euro geltend machen können.
Bei ihrem Modell zur Betrugsbekämpfung schlugen die SPÖ-Experten neben der verpflichtenden Verwendung von Registrierkassen für Unternehmer vor, dass man mit Rechnungen im Rahmen einer "Beleglotterie" an Verlosungen teilnehmen könnte. Die Mehreinnahmen sollen dabei rund eine Mrd. Euro betragen. Die ÖVP will durch Betrugsbekämpfung ebenfalls eine Mrd. Euro hereinbringen, die Forderungen der SPÖ lehnten die schwarzen Experten aber laut Tiroler Tageszeitung ab.
Einig sind die Experten bei der Forderung nach einer Zusammenfassung von großem und kleinem Pendlerpauschale sowie Pendlereuro. Details solle eine eigene Arbeitsgruppe nachliefern. Eine ökologische Staffelung und teilweise Erhöhung der Besteuerung von Dienstwagen soll 50 Mio. Euro pro Jahr bringen, berichtete auch der Standard. Wer ein Firmenauto privat nutzt, muss derzeit nur 1,5 Prozent der Anschaffungskosten als Sachbezug versteuern. Künftig wird diese Grenze nur noch für Pkw mit niedrigem CO2-Ausstoß gelten, ansonsten sollen es zwei Prozent ein.
Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft und stille Beteiligte sollen Verluste aus diesen Beteiligungen nicht mehr mit anderen Einkünften verrechnen dürfen, was 30 Mio. Euro bringen soll. Eine einheitliche Bemessungsgrundlage soll zudem den Verwaltungsaufwand von Behörden und Betrieben verringern. Statt von bisher drei Stellen sollten die Steuern und Sozialabgaben nur noch von einem Amt eingehoben und einheitlich berechnet werden.
Keine Einigung gibt es wenig überraschend bei vermögensbezogenen Steuern, welche die ÖVP weiter strikt ablehnt (siehe oben). Allerdings wünscht man sich eine Neufassung des 25 Jahre alten Einkommenssteuergesetzes.