Politik/Inland

Voves macht Chefsessel für ÖVP frei

Jetzt ist es doch schneller im steirischen Regierungspoker gegangen als erwartet: Hermann Schützenhöfer (ÖVP) wird Landeshauptmann für die nächsten fünf Jahre. Und das obwohl die Volkspartei bei der Landtagswahl am 31. Mai nur Platz zwei errungen hatte. Franz Voves (SPÖ) zieht sich mit fast der gesamten Regierungsmannschaft zurück.

"Es war eine große Auszeichnung", verabschiedete er sich mit tränenerstickter Stimme von Wegbegleitern und Wählern am Mittwoch. "Jetzt habe ich mehr Zeit für die Enkel."

"Das war in meinem Lebenslauf gar nicht mehr vorgesehen"


Schützenhöfer in seiner Erklärung: "Das war in meinem Lebenslauf gar nicht mehr vorgesehen. Aber die SPÖ hat sich entschlossen, mich für fünf Jahre zum Landeshauptmann zu wählen. Ich mache das gerne und hoffentlich so, dass sich die Steirer für mich nicht schämen müssen."

"Wir wollen uns den Themen Asyl, Sozialmissbrauch widmen, damit die Menschen mit uns gehen können. Sie sollen sehen, dass wir ihre Anliegen ernst nehmen. Wir wollen lernfähig sein und alle einbinden, die mitarbeiten wollen."

Aus der "Reformpartnerschaft" wird die "Zukunftspartnerschaft".

Personalpaket

Landeshauptmann-Stellvertreter wird SPÖ-Landesrat Michael Schickhofer: "Danke, Franz, du hast nicht nur die Steiermark geprägt, sondern auch mich und die SPÖ." 88 Prozent Zustimmung habe er im Parteivorstand erhalten, ließ der 35-Jährige wissen, der auch Landesparteiobmann wird, bis zum nächsten Parteitag in der Funktion des geschäftsführendes Obmannes.

EU-Abgeordneter Jörg Leichtfried kommt aus Brüssel zurück und wird Landesrat. Ursula Lackner wird Jugend, Bildung, Familie betreuen. Doris Kampus, Kopf hinter den Gemeindefusionen auf beamteter Ebene, wird ebenfalls der Landesregierung angehören. Bettina Vollath wird Landtagspräsidentin.

Das Regierungsteam der ÖVP bleibt mit Schützenhöfer, Christopher Drexler, Hans Seitinger und Christian Buchmann unverändert, Barbara Eibinger bleibt Klubchefin.

Zwei Stunden haben Parteivorstände von ÖVP und SPÖ getagt, da wurde das neue Personalpaket abgesegnet. Um 14.30 Uhr traten sie im Weißen Saal in der Burg vor die Presse.

Die konstituierende Sitzung im Landtag könnte dann schon am Dienstag abgehalten werden.

FPÖ erbost

Die FPÖ ist vorab erbost: Mario Kunasek hält "eine Ausgrenzung der FPÖ und somit des einzigen Wahlsiegers für untragbar". Die Partei werde nun mit ganzer Kraft in der Opposition gegen den alten Trott ankämpfen.

Häupl: Voves-Rücktritt "tut mir sehr leid"

Wiens roter Bürgermeister Michael Häupl bedauert Voves´Rücktritt. "Jeder weiß, dass das Verhältnis nicht immer friktionsfrei war, aber es tut mir wirklich sehr leid", meinte er zur APA. Denn Voves habe der Steiermark "eine ganze Menge gebracht". Aber Entscheidungen seien nun einmal so, wie sie sind: "Ich habe mir angewöhnt, nicht zu jammern", so der Bürgermeister. Ob sich die steirische SPÖ in den Koalitionsverhandlungen erpressen habe lassen, wollte Häupl so nicht beantworten. "Das weiß ich nicht, da bin ich der falsche Adressat", betonte er. Weder in der Steiermark noch im Burgenland habe er Einblick in die Verhandlungen gehabt, Nachsatz: "Glauben Sie mir, ich hätte es anders gemacht."

Natürlich wären ihm vier rote Vertreter statt nunmehr nur noch drei in der Landeshauptleutekonferenz lieber gewesen, meinte Häupl in Bezug auf den Verlust eines SPÖ-Landeshauptmanns. Vor allem tue es ihm jedoch leid, dass die Person Franz Voves nicht mehr in der Runde der Landeshauptleute vertreten sei. Für die Wien-Wahl im Oktober bedeute jedoch weder das burgenländische noch das steirische Ergebnis der Koalitionsverhandlungen etwas. "Die Leute wissen, was sie wo wählen", versicherte er erneut.

Weiterführende Links

Franz Voves geht, Hermann Schützenhöfer bleibt – ein Abgang, der seinesgleichen sucht. Voves hält sein Versprechen, abzutreten, wenn er unter 30 Prozent landet. In der Partei übergibt er den Job an seinen 35-jährigen politischen Ziehsohn. Das Land überlässt die (mit 5461 Stimmen Vorsprung) noch stärkste Partei der Nr. 2. Für alle fünf Jahre bis zur Wahl; keine Halbzeitlösung, kein Kleingedrucktes.

Schwarze staunen, Rote hadern: Wie kann er uns antun, die Führung ganz aus der roten Hand zu geben?

Der Erfinder der Reformpartnerschaft, in der Stillstand und Parteien-Gekeif fünf Jahre lang ein No-Go waren, bleibt sich im Abgang treu: Bei Alter Ego Schützenhöfer glaubt Voves das Reformwerk in sicheren Händen. Das Interesse des Landes geht vor Machtinteressen der eigenen Partei. Ein letzter staatsmännischer Coup, den nur parteipolitische Kleingeister als Erpressung und Schwächezeichen abtun. Ein unheimlich starker Abgang, der kurz Niessls rot-blaue Kapitulation vergessen lässt: Machterhalt geht über alles. Wenn es sein muss, legen wir uns morgen auch mit dem Todfeind von gestern ins Bett.