Politik/Inland

SPÖ hat von ÖVP die Nase voll. Gewerkschaft bereitet Kampf vor

Am Dienstag in aller Früh gab es eine längere Aussprache zwischen Kanzler Christian Kern und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. Thema: Wie kommt die Regierung nach dem Hickhack der vergangenen Tage wieder zu einem vernünftigen Umgangston? Während Kanzler und Vize sich um Frieden bemühten, stellte sich Innenminister Wolfgang Sobotka vor die Journalisten und ritt die nächste Attacke gegen Kern.

In der eigentlichen Ministerratssitzung sagte Kern dann, es solle sich jeder an der Nase nehmen, denn wenn es mit dem Erscheinungsbild der Koalition so weiter gehe, könne sich jeder ausmalen, wohin das führe.

Die Worte des Kanzlers sind eine milde Zusammenfassung dessen, was sich tatsächlich an Frust in der SPÖ über die ÖVP bzw. das schwarze Duo Sobotka & Sebastian Kurz aufbaut.

Praktisch am Tag nach der Einigung über das aktualisierte Regierungsprogramm begann Sobotkas Störfeuer (man erinnere sich an das Demonstrationsrecht). In der SPÖ wird das Verhalten des Innenministers so interpretiert: Sobotka lege es zwar nicht unbedingt auf Neuwahlen an, doch wolle er verhindern, dass die Koalition Erfolge erzielt. Die Bevölkerung würde Erfolge dem Bundeskanzler zugute halten, was den Kanzler-Ambitionen von Außenminister Kurz zuwider liefe.

"Immer mehr Leute in der SPÖ erkennen, was da gespielt wird und haben zunehmend die Nase voll von der ÖVP", sagt ein roter Spitzenfunktionär.

Der Frust über die ÖVP steigt nicht nur in der Partei, sondern hat auch die roten Spitzengewerkschafter erfasst. Und das macht die Lage für die Regierung brenzlig.

Als Kanzler Kern im Zuge der Aktualisierung des Regierungsprogramms ein Ultimatum stellte und offenkundig Neuwahlen riskierte, stieg nämlich die Gewerkschaft auf die Bremse. Gemeinsam mit Wirtschaftskammer-Boss Christoph Leitl pilgerte ÖGB-Präsident Erich Foglar ins Kanzleramt, um mit vereinter Soziapartner-Autorität die Koalition zum Weitermachen zu bewegen. Als Sozialpartner-Beitrag zur Rettung der Regierung versprachen sie, sich bis Ende Juni 2017 auf 1500 € Mindestlohn und einen Kompromiss zum 12-Stunden-Arbeitstag zu einigen.

Jetzt ist es erst Mitte März – also noch genügend Zeit für Verhandlungen – und dennoch beginnt die Gewerkschaft bereits mit Säbelrasseln. "Wir haben unsere Kampagnenpläne in der Lade", tönt der Leitende Sekretär des ÖGB, Bernhard Achitz, drohend.

"Unsere Spitzengewerkschafter sehen keinen Sinn darin, sich auf einen heiklen Kompromiss beim ungeliebten 12-Stunden-Tag einzulassen, um die Regierung zu retten, wenn eine Gruppe in der ÖVP unverdrossen auf Neuwahlen zusteuert", sagt ein Eingeweihter in der Gewerkschaft.

Nach KURIER-Informationen bereitet die Gewerkschaft daher vorsorglich die Themen Mindestlohn und 12-Stunden-Tag als "Kampfthemen" für den bevorstehenden Wahlkampf auf. Der 12-Stunden-Tag sei bei den Arbeitnehmern unbeliebt, hingegen gebe es für einen höheren Mindestlohn breite Unterstützung.

Eines ist klar: Sollte die Koalition demnächst erneut auf Neuwahlen zusteuern – die Gewerkschaft wird diesmal nicht auf die Bremse steigen.