Spionage: KMUs im Visier der Amerikaner
Der Datenskandal rund um den US-Geheimdienst NSA alarmiert die Bundesregierung. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat offiziell an der US-Botschaft angefragt, ob mit dem umstrittenen Spionageprogramm PRISM personenbezogene Daten auch von Österreichern oder österreichischen Firmen verarbeitet wurden. Und Außenminister Michael Spindelegger will von Verteidigungsminister Gerald Klug wissen, ob das heimische Heeresnachrichtenamt den amerikanischen Schnüfflern beim Datensammeln behilflich war.
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Die Geheimdienstkarriere des 54-jährigen Polli begann Anfang der 90er-Jahre beim Bundesheer, wo er als junger Offizier vom Heeresnachrichtenamt angeworben wurde. Das HNA ermöglichte ihm ein Studium an der NPS, einer US-Postgraduate Eliteuniversität für „Civil Military Relations and Intelligence“ .
Im Jahr 2002 wurde der gelernte Militärgeheimdienstler Polli von der damaligen Bundesregierung aufgefordert, das zivile Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung aufzubauen. Nach sechs Jahren wechselte er als Sicherheitschef in die Konzernzentrale der Siemens AG München.
Dort wurde der Jäger aber selber zum Gejagten. Er musste diesen Spitzenjob im Jahr 2009 nach einer Geheimdienstintrige der Amerikaner wieder aufgeben. Die CIA hatte es nicht verwunden, dass er sich in seiner Zeit als BVT-Leiter Aktivitäten der Amerikaner in Bezug auf „Terrorjagd“ und Überflugrechte quergelegt hatte.
Polli kennt jedenfalls die US-Spionagewelt von allen Seiten. Er ist überzeugt: Im Focus der US-Spionage stehen heute nicht mehr sowjetische Panzerdivisionen, sondern weltweit Banken und Firmen. Auch die Terrorgefahr würde manchmal nur als Alibi für derartige Operationen dienen.
Polli: „Das Datensammeln der NSA ist nur eine Serviceleistungen für die US-Geheimdienste. Und die reduzieren sich schon lange nicht mehr auf die CIA oder andere Sicherheitsbehörden.“ Viele Tätigkeiten, so Polli, wären privatisiert worden. Zum Beispiel zu Sicherheitsfirmen oder harmlos erscheinenden NGOs.
Zur Gesamtstrategie gehören auch andere US-Erfindungen. Etwa die neue Compliance-Euphorie, mit der ein gewaltiges Spitzelnetz geschaffen wurde. Denn jeder Mitarbeiter in großen US-Konzernen ist verpflichtet, Wahrnehmungen über mögliche Verstöße an Meldestellen zu berichten.
Erpressung
Die mit dem Hintergrundwissen der NSA ausgestatteten Agenten werden dann vor Ort aktiv. Das Ziel sei es, Personen in persönliche und berufliche Abhängigkeit zu bringen. Das beginne etwa mit dem Aufbau von persönlichen Freundschaften. Wer nicht kooperiert, werde aber diskreditiert und fertig gemacht. Das schließe Rufmord und sogar Erpressung ein.
Besonders Klein- und Mittelunternehmen sieht Polli im Visier. Die KMUs hätten ein ungeheures Potenzial an Innovation, gleichzeitig aber die schwächsten Abwehrmechanismen. Oft würden sie gar nicht erkennen, dass sie Ziel eines Angriffes sind.
Darauf baut der Ex-Geheimdienstler Polli nun seine Geschäftsidee auf. In einem Büro in der Wiener City hat er das Hauptquartier seiner Sicherheitsfirma polli-IPS (www.polli-ips.com) aufgeschlagen. Dort bietet er gezielt Beratung für KMUs an.
Seine Mitarbeiter sind geheim. Aber sie stammen mit hoher Wahrscheinlichkeit aus jenen Kreisen, mit denen Polli in den vergangenen Jahrzehnten dienstlich zu tun hatte.
Aufregung über eine angebliche Zusammenarbeit des österreichischen Heeresnachrichtenamtes und amerikanischen Geheimdiensten gab es schon seit dessen Gründung im Jahre 1955 als „Nachrichtengruppe“. Es gibt durchaus glaubhafte Berichte, wonach der Aufbau von Abhörstationen in den Alpen von den Amerikanern finanziert worden sei.
Trotz aller Kritik vor allem vonseiten der Friedensbewegung war diese Kooperation aber durchaus auch im Sinne der Österreicher. Denn auch das Bundesheer hatte höchstes Interesse, über die Aktivitäten der Warschauer Streitkräfte jenseits des „Eisernen Vorhanges“ informiert zu sein.
Datenjagd
Diese Zusammenarbeit ist seit Ende der Jugoslawienkrise vorbei. Die Amerikaner haben nun selbst Truppen und Abhörstationen am Balkan und auch in östlichen Nachbarstaaten. Wie weit sie bei der Datenjagd in den weltweiten EDV-Netzen auf die Unterstützung der alten Verbündeten in Wien angewiesen sind, wie der Außenminister in den Raum stellte, wird vom Verteidigungsministerium dementiert. Ein Sprecher weist darauf hin, dass der größte „Kunde“ des HNA das Außenministerium selbst sei. Etwa wenn es darum geht, Reisewarnungen für bestimmte Länder auszusprechen.