Politik/Inland

Spindelegger, wer sonst?

ÖVP inside."Spindeleggers Tage als ÖVP-Chef gezählt?" "Spindelegger vor dem Aus?"

Derlei Schlagzeilen in Boulevardmedien erzürnen gegenwärtig die ÖVP-Spitze.

Ganz so ernst ist die Lage tatsächlich (noch) nicht, wie KURIER-Recherchen ergaben. Vorerst sitzt Michael Spindelegger weiter fest im Sattel – trotz der Kritik diverser Länderchefs. Tirols Landeshauptmann Günther Platter hatte ja "eine Aussprache" beim ÖVP-Vorstand am 19. September gefordert. Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer wiederum findet es "unerträglich", dass die ÖVP auf Bundesebene "bei 20 Prozent grundelt". Die Partei müsse sich "am Riemen reißen". Platter und Pühringer verlangen eine "Kurskorrektur".

Der ÖVP-Frontmann konterte vergangene Woche, die Betroffenen mögen "vor der eigenen Tür kehren".

Gestern hieß es im Umfeld des Vizekanzlers, die Länderchefs hätten nicht Spindelegger persönlich, sondern die Bundesregierung kritisiert. ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka meint gar, die Länderchefs seien medial missinterpretiert worden. "Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat mir gesagt, dass er nie auch nur ansatzweise Kritik am Bundesobmann geübt hat."

Hinter den Kulissen hört sich die Interpretation ein bisschen anders an. Ein Regierungsmitglied: "Im Moment ist das noch nicht mehr als ein Sommertheater. Im Sommer werden die Landeshauptleute von den Zeitungen interviewt. Die von der ÖVP reiben sich nach wie vor am liebsten an der Regierung und der Parteiführung in Wien. Zudem gibt es auch keine wirkliche Alternative zu Spindelegger. Andrä Rupprechter (Agrarminister) hat nicht einmal die eigene Basis, den Bauernbund, voll hinter sich. Und alle andere kolportierten Lösungen sind unrealistisch." Ein gewichtiger Landespar-tei-Funktionär ergänzt: "Die Kritik an der Bundespartei ist weder neu, noch originell. Ich weiß nicht, welche Alternative die Kritiker, was den Kurs betrifft, vor Augen haben."

Als "Säbelrasseln", das auf die bevorstehenden Landtagswahlen zurückzuführen sei, werden im Wirtschaftsbund die Unmutsäußerungen der Ländervertreter bezeichnet. In Vorarlberg wird in knapp vier Wochen gewählt. 2015 stehen Wahlen im Burgenland, in Oberösterreich, Wien und der Steiermark an.

In der ÖVP gehen viele davon aus, dass Spindelegger zumindest den Urnengang in Vorarlberg unbeschadet überstehen dürfte – auch wenn Landeshauptmann Markus Wallner und seine Partei die "Absolute" verlieren. Ein Minus lasse sich gut mit dem Antreten der Neos (des Vorarlbergers Matthias Strolz) erklären, heißt es.

Die pinke Konkurrenz hatte bei der Wahl 2009 noch nicht existiert. Gefährlich könnte es für Spindelegger nur werden, wenn die ÖVP im Ländle völlig abstürzt – wonach es gegenwärtig nicht aussieht.

Die Alternativen zu Spindelegger sind ohnedies überschaubar – auch wenn Tirols Günther Platter das Gegenteil behauptet ("Personaldecke ist nicht dünn") und – erneut – Minister Rupprechter ins Obmann-Nachfolge-Spiel bringt. Rupprechter ist vielen Schwarzen "zu unberechenbar". Hochrangige ÖVPler titulieren ihn als "abgezogene Handgranate".

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner ist in der Partei detto nicht ganz unumstritten. Er dürfte inzwischen aber selbst keine großen Ambitionen mehr auf den Chef-Posten haben.

Sebastian Kurz ist in der Bevölkerung und bei Funktionären zwar beliebt, er würde die Obmannschaft aber "derzeit sicher nicht" übernehmen, berichtet ein Insider.

Ein anderer ergänzt schmunzelnd: "Sehr beliebt ist Justizminister Wolfgang Brandstetter, der ist aber leider kein ÖVP-Mitglied".

Wesentlich ist für Spindelegger freilich auch, dass Niederösterreichs Erwin Pröll noch die schützende Hand über den ÖVP-Chef halten dürfte. Das war auch im Jänner der Fall, als einige Länderchefs in Sachen Gesamtschule und Vermögenssteuern aufbegehrt hatten. Damals hatte Spindelegger gedroht, alles hinzuschmeißen – und damit seine Kritiker vorübergehend mundtot gemacht.