Politik/Inland

Sozialindex: Mehr Geld für Brennpunktschulen

Eine Schülerin, einheimisch, Eltern Matura oder höhere Bildung: Damit sind die Chancen für eine erfolgreiche Bildungskarriere hoch.

Ein Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache, Eltern nur Pflichtschulabschluss, armutsgefährdet: Damit ist das Risiko hoch, dass der Schüler keine erfolgreiche Bildungskarriere haben wird.

So weit, so bekannt.

Richtig problematisch wird es, wenn sehr viele Kinder aus bildungsfernen Familien mit nichtdeutscher Muttersprache in einer Schule zusammenkommen. Eine Studie der Universität Linz zeigt, dass etwa in Volksschulen die "Wahrscheinlichkeit der Kompetenzarmut" in Deutsch erheblich zunimmt, je mehr Kinder aus bildungsfernen Familien dort unterrichtet werden.

Schlechte Ausgangslage

Studienautor Johann Bacher findet das nicht gerecht. Für den Linzer Professor für empirische Sozialforschung liegt das Problem in einer falschen Zuteilung der finanziellen Mittel: "Wir haben derzeit die Situation, dass etwa Schulen in Wien, die eine ungünstige soziale Zusammensetzung und damit eine schlechte Ausgangslage für den Schulerfolg der Schüler haben, auch die größten Klassen und die ungünstigsten Betreuungsverhältnisse haben." Es gebe in ganz Österreich "sehr viele Schulen mit einer ungünstigen sozialen Zusammensetzung. Und damit erhöht sich auch der Anteil an Risikoschülern." Grund dafür sei, dass die soziale Zusammensetzung der Schulen bei der Vergabe der finanziellen Mittel nicht berücksichtigt wird. Denn beim Finanzausgleich – der Aufteilung der Staatseinnahmen vom Bund zu den Ländern – gebe es "einen Ausgleich in Richtung der kleinen Schulen" statt zu den Brennpunktschulen.

Start in Modellregion

Bacher hat ein Modell einer "indexbasierten Ressourcenverteilung" in jahrelanger Arbeit entwickelt, damit diese Schüler aufholen können.

"Mein Modell basiert auf einer autonomen Schule, die Schulleitung muss einen Plan vorlegen, wie sich mit mehr Mitteln der Unterricht verbessert, mehr Zeit zum Unterrichten bleibt und die Disziplin in den Klassen besser wird. Unterm Strich soll so das Leistungsniveau der Schüler besser werden", erklärt der Professor.

Er plädiert dafür, zuerst mit einer Modellregion zu starten, und das Projekt wissenschaftlich zu begleiten. Aus dem Ministerium ist zu hören, dass Bachers Forschung und seine Erkenntnisse in die Bildungsreform einfließen sollen. Diese soll bis November ausverhandelt sein.

Der Rückzug der beiden Landeshauptleute Erwin Pröll (ÖVP) und Hans Niessl (SPÖ) aus der Bildungsreformkommission der Bundesregierung war offenbar nur ein kurzer Rückschlag. Die Parteien einigten sich, dass die Landeschefs Günther Platter (ÖVP) und Michael Häupl (SPÖ) nachrücken.

Die Ursache des Konflikts – die Bildungsverwaltungsreform – ist damit freilich nicht gelöst. Die Frage ist, wie die seit den 1960er-Jahren gewachsenen Strukturen der Schulverwaltung effektiver gestaltet werden können.

Derzeit werden die Bundeslehrer vom Bund, die Landeslehrer von den Landesschulräten, die Bundesbehörden sind, verwaltet. Das Expertenpapier zur Schulreform schlägt vor, statt der Landesschulräte und der Schulabteilungen der Landesregierungen künftig Bildungsdirektionen einzusetzen, die auch die Personalagenden von Bund und Ländern übernehmen. Genau darüber herrscht Uneinigkeit, nicht zuletzt weil der Rechnungshof und auch die Forscher vom IHS vor „erheblichen Mittelverlusten“ bei der Verländerung warnen.

Aus Verhandlerkreisen ist zu erfahren, dass eine dritte Variante angedacht wird: Aus den Landesschulräten werden unabhängige Behörden mit einem Direktor, der vom Land und vom Bund gemeinsam bestellt wird, die Verrechnung der Lehrer übernimmt das darin erfahrene Bundesrechenzentrum. Die Macht über die Lehrer hätte damit niemand mehr. Die Aufsicht würde aber über das Ministerium erfolgen.

Kaum mehr strittig ist die Bildungsreform, insbesondere die zentrale Forderung nach Schulautonomie. Die Schulleitung könnte ein Vetorecht bei der Personalauswahl bekommen. Die Direktoren könnten zeitlich begrenzt bestellt werden, die Schulergebnisse (Bildungsstandards, Zentralmatura) als eine Art Zeugnis für Lehrer und Direktor deutlich relevanter werden.