Sobotka will Handys knacken dürfen
Fotos von zu Hause, von Erlebnissen; Kurznachrichten von Familie und Freunden; Kontaktdaten von geliebten Menschen. Kaum ein Gegenstand im Alltag ist so privat, erzählt so viele Geschichten wie das eigene Handy.
Diese Daten will sich das Innenministerium im Asylverfahren zunutze machen – würden sie doch Aufschluss über Herkunft und Umstände der Flucht geben. "Wir sind zunehmend damit konfrontiert, dass Flüchtlinge keinerlei Dokumente bei sich haben. Die Ermittlungen im Asylverfahren sind dann äußerst zeit- und kostenintensiv", sagt Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) zum KURIER.
Lex Afghanen
Den meisten Aufwand würden Asylwerber aus Afghanistan machen. Einerseits, weil sie die antragstärkste Nation sind, und andererseits, weil sie fast ausschließlich ohne Papiere ins Land kämen – so die Erfahrungswerte vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Derzeit sind dort rund 20.000 Verfahren von Afghanen anhängig. Die Anerkennungsquote liegt bei nur rund 20 Prozent.
Sobotkas Verdacht: "Viele wollen schlichtweg ihre wahre Identität verschleiern, um einen Asylstatus zu erlangen." Und er betont: "Wir können und dürfen uns das nicht länger bieten lassen." Im Gegensatz dazu hätten Asylwerber aus Kriegsgebieten wie Syrien meist alles dabei, um ihre Herkunft zu belegen.
Ein Gesetzesentwurf aus Deutschland hat jetzt des Innenministers Interesse erweckt: Demnach sollen Mitarbeiter des deutschen Bundesamtes für Asyl Zugriff auf die Handys von Antragstellern bekommen, wenn sie keinen Pass vorlegen.
Bisher benötigte man dafür die Zustimmung des Handybesitzers. Beim Verdacht auf eine Straftat kann die Polizei schon jetzt Handys knacken. Die Daten dürfen aber nicht zur Asylentscheidung herangezogen werden.
"Den Vorschlag in Deutschland, Handydaten von Flüchtlingen auszulesen, die nicht mitwirken wollen, sehe ich als durchaus positiv. Wir prüfen derzeit intern, wie eine Lösung aussehen könnte", sagt Sobotka. Im Fremdenrechtspaket, das am Dienstag den Ministerrat passiert hat (Bericht rechts), ist vorerst nur eine Verwaltungsstrafe von 1000 bis 5000 Euro vorgesehen, wenn ein Migrant bei der Polizei falsche Angaben zu seiner Person macht.
500 Euro für Freiwillige
Österreich ist EU-weit führend bei den Abschiebungen. Von den 10.677 Heimreisen im Vorjahr erfolgte weniger als die Hälfte zwangsweise, im Jänner waren es schon fast zwei Drittel (409 von 677).
Nach Afghanistan sind Zwangsmittel aber die Ausnahme. Dafür braucht es Heimreisezertifikate, die nur bei eindeutiger Identität und für sichere Regionen ausgestellt werden. Stattdessen forciert das Innenministerium die "sanfte Methode": Die Prämie für freiwillig heimreisende Afghanen wurde auf 500 Euro angehoben.
Deutschland hat Ende Februar beschlossen, verstärkt nach Afghanistan abzuschieben. Die Zahl der Betroffenen bewegt sich bisher im zweistelligen Bereich.