Sebastian Kurz: "Grüne sind politisch berechenbarer als die SPÖ"
Von Daniela Kittner
Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Am Sonntag beschließen die Grünen, „das Wagnis“ von Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP einzugehen. Am Montag gibt Sebastian Kurz bekannt, dass sich auch seine Partei für Verhandlungen mit den Grünen ausspricht. Am Dienstag setzen Kurz und Kogler den Verhandlungsprozess auf.
KURIER: Herr Kurz, ein Drittel Ihrer Wähler sind FPÖ-Sympathisanten. Für die sind die Grünen zum Teil ein Feindbild. Wie erklären Sie diesen Wählern, dass Sie nun mit den Grünen regieren wollen?
Sebastian Kurz: Wir als ÖVP sind bei der Wahl gestärkt worden, aber wir haben keine absolute Mehrheit. Wir brauchen einen Koalitionspartner. Die FPÖ hat – leider, das sage ich dazu – gesagt, dass sie keine Koalitionsverhandlungen führen will und hat den Gang in Opposition angekündigt. Das muss ich respektieren. Inhaltlich sind ÖVP und Grüne sehr weit entfernt. Wir sind eine Mitte-rechts-Partei ...
...die bestimmte Grundsätze vertritt. Haben Sie bei den Sondierungen mit Werner Kogler Ihre Prinzipien wie weniger Steuern, keine neuen Schulden etc bereits außer Streit gestellt?
Ich werde jetzt nicht über den KURIER Koalitionsverhandlungen führen, aber jeder, der mich kennt, weiß, wofür ich stehe.
FPÖ-Obmann Norbert Hofer wirft Ihnen vor, Österreich den Grünen auszuliefern. Wörtlich. Wie finden Sie denn das? Türkis-Grün gibt’s noch gar nicht, und Ihr Ex-Partner geht schon in den Frontalangriff.
Ich kann verstehen, dass er das aus taktischen Gründen macht, aber die FPÖ hat sich selbst aus dem Spiel genommen. Ich habe dennoch eine gute Gesprächsbasis zu Norbert Hofer.
Sie hätten auch die Möglichkeit, mit der SPÖ zu verhandeln. Montagfrüh vor den Medien nannten Sie keinen Grund, warum Sie es nicht tun. Heinz Fischer meint, die Grünen wären für Sie politisch günstiger. Hat er recht?
Ich weiß nicht, was der Alt-Bundespräsident mit „günstig“ meint, deswegen kann ich das nicht nachvollziehen. Aber es ist in der Tat so, dass die Situation in der SPÖ unübersichtlich ist, dass man nicht weiß, wohin dort die Reise geht, wer sich dort am Ende durchsetzen wird. Wenn ich eine stabile Regierung will, sind die Grünen politisch berechenbarer als die SPÖ.
Der Erfolg von Türkis-Blau war großteils darauf zurückzuführen, dass sich diese Koalition durch ein harmonisches Außenbild von der rot-schwarzen Streitkoalition unterschied. Jetzt bekommen Sie wahrscheinlich einen Partner, von dem Sie inhaltlich weit entfernt sind. Wie soll sich hier Harmonie ausgehen? Oder suchen Sie einen dritten Weg zwischen Harmonie und Streit?
Grundsätzlich sind Koalitionen nicht miteinander vergleichbar. Man wird sehen, wie wir mit den inhaltlichen Unterschieden umgehen, die Gesprächsbasis ist aber eine gute. Da und dort wird es eine andere Form des Regierens sein müssen. Aber noch gibt es Türkis-Grün nicht, der Prozess ist ergebnisoffen. Am Ende muss eine Regierung stehen, von der man sagt, dass sie zur richtigen Zeit das Richtige für Österreich macht.
Und was genau ist das? Was wollen Sie sagen können, was diese Regierung zusammenbringt?
Das ist in erster Linie, den Herausforderungen der sich verschlechternden Konjunktur zu begegnen. Dass die Menschen Arbeit haben und von dieser Arbeit auch leben können. Der Kampf gegen illegale Migration und gegen den Klimawandel.