Politik/Inland

"Schweiz hat keine, sie ist eine Armee"

Die Schweiz ist seit 198 Jahren durchgehend neutral. Damit sicherten sich die Eidgenossenschaft den Bestand, und konnte sich auch aus den beiden Weltkriegen heraushalten.

Im Gegensatz zu Österreich ist die Schweizer Neutralität selbstgewählt – und bis an die Zähne bewaffnet. Einen hohen Stellenwert hat daher auch die Armee. Ein Stellenwert, der – ebenso wie in Österreich – durch eine Wehrpflicht-Abschaffungsinitiative infrage gestellt wird. Donnerstag holte sich die österreichische Wehrpflicht-Befürworterin und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, VP, den Schweizer Verteidigungsminister Ueli Maurer, SVP, als Schützenhilfe nach Wien.

Denn die Schweiz galt schon im Kalten Krieg als militärisches Vorbild für Österreich. 600.000 gut ausgerüstete Soldaten samt moderner Luftwaffe stellte die Schweiz gegen einen möglichen Warschauer Pakt Angriff bereit. Der Slogan lautete: "Die Schweiz hat keine Armee, die Schweiz ist eine Armee."

Das im Osten wesentlich exponierter gelegene Österreich brachte es in Spitzenzeiten nur auf 240.000 Miliz-Soldaten.

Reduktionen

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Nach dem Ende des Kalten Krieges gab es auch bei der Schweizer Armee drastische Reduktionen. Dennoch ist die Schweizer Armee mit 200.000 Soldaten heute noch immer viermal so groß wie das Bundesheer. Wenn dann auch noch eine Initiative des Parlaments für eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets auf 4,16 Milliarden Euro durchgeht, hat die Schweizer Armee zwei Mal so viel Geld zur Verfügung wie das Bundesheer.

Große Unterschiede gibt es auch bei der Luftwaffe: Die Schweiz hat auf etwa 90 Kampfflugzeuge "abgespeckt". Nachdem das aber für eine Luftverteidigungsfähigkeit zu gering erscheint, sollen jetzt 22 Gripen-Abfangjäger angeschafft werden. Österreich verzichtet auf eine Luftverteidigung. Die 15 Eurofighter reichen nur für einfache Aufgaben der Luftpolizei.

Abschaffungsinitiative

Unterschiedlich läuft in der Schweiz auch die Diskussion um die Wehrpflicht. Gegen den Zwangsdienst hat das von der SP und den Grünen unterstützte Bündnis GSoA (Gruppe für eine Schweiz ohne Armee) 107.000 Unterschriften gesammelt.

Die Begründung: Es gebe keine Massenheere mehr. Außerdem sei die Wehrgerechtigkeit nicht mehr gegeben, weil nicht mehr jeder Rekrut die volle Zeit abdienen muss.

Auf der Gegenseite kampagnisiert Ueli Maurer mit seinem Ministerium, den Offiziersgesellschaften und den Schützenverbänden für die Wehrpflicht. Das sind mehrere Hunderttausend Aktivisten. Die Offiziere spenden sogar Geld für ihre Kampagnen. Maurer ist überzeugt, dass die Initiative gegen die Wehrpflicht scheitern werde. Denn es gab bereits zwei erfolglose Anläufe der GSoA.

Auch hier ticken in Österreich die Uhren anders. Hier kampagnisiert Verteidigungsminister Norbert Darabos mit dem ganzen Apparat gegen die Wehrpflicht. Darabos zum Vorbild Schweiz: Das Schweizer System sei deutlich stärker auf die Miliz ausgerichtet. Österreich sei international stärker engagiert. Die einzige Gemeinsamkeit sei die Diskussion um die Wehrpflicht.

Ringen um die Frage startet

Sind Sie für die Beibehaltung des allgemeinen Wehrdienstes und des Zivildienstes?"

o Ja

o Nein

Ginge es nur nach ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, soll im Jänner 2013 diese Frage zur Abstimmung vorgelegt werden. Am Freitag zu Mittag treffen einander Mikl-Leitner und SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos zur Klärung der Fragestellung. Darabos will über die Medien keinen Frage-Vorschlag verbreiten, aus seinem Büro ist nur zu erfahren, dass der Minister die Bürger zwischen dem SPÖ- und dem ÖVP-Modell wählen lassen will.

Eine endgültige Einigung soll spätestens Anfang kommender Woche präsentiert werden.