Politik/Inland

Schwarz setzt auf Grün und Duell um den Kanzler

Rot gegen Blau – dieses Match um Rang 1 hatte im Vorjahr nicht nur Heinz-Christian Strache für die Nationalratswahl ausgerufen, auch Umfragen bescheinigten es. Nun hat eine Farbe gewechselt. Rote und Schwarze duellieren sich um das Kanzleramt. Beflügelt von den Salzburger Resultaten sagt Generalsekretär Hannes Rauch zum KURIER: „Es gibt jetzt den Kampf um Platz 1 zwischen SPÖ und ÖVP.“ Strache sei aus dem Rennen um „die Goldene“ im Bund.

Für die ÖVP sei diese am 29. September zu holen, befindet Rauch: „Wir haben – von der Heeres-Volksbefragung im Jänner über die Wahlen in Kärnten, Niederösterreich und Tirol bis zur Wahl in Salzburg – alle Ziele erreicht.“ Das bringe Elan, motiviere die Funktionäre. Zudem habe seine Partei „die Themenführerschaft“, etwa in Sachen Wirtschaft und Wohnen. „Es geht ja nicht nur um einen Wettbewerb zwischen Werner Faymann und Michael Spindelegger als Person, es geht auch um einen Wettbewerb der Ideen.“

"Die ÖVP sollte demütiger sein. Sie hat bei den Landtagswahlen 105.000 Stimmen verloren." Norbert Darabos, SPÖ-Geschäftsführer


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Norbert Darabos mahnt den Koalitionspartner, sich von den bisherigen Wahlergebnissen nicht berauschen zu lassen. „Die ÖVP sollte ein bisschen demütiger sein. Sie hat bei den Landtagswahlen in diesem Jahr insgesamt 105.000 Stimmen und fünf Mandate verloren. Da ist Freude eher wenig angebracht“, sagt Darabos dem KURIER. Andere Rote versuchen sich damit zu trösten, dass der SPÖ „nur“ 86.000 Stimmen abhanden gekommen sind. Ätzender Konter von ÖVP-General Rauch: „Man kann sich alles schön reden – und von warmen Eislutschern träumen.“

Für die SPÖ ist schwarze Tagträumerei, dass die roten Funktionäre – vom Desaster in Salzburg demotiviert – für Faymann nicht laufen. „Das werden sie“, sagt Darabos. „In Kärnten haben wir gezeigt, wie gut wir mobilisieren können. Salzburg wird ein Weckruf sein, noch mehr zu tun, um den Umfragen-Vorsprung ins Ziel zu bringen.“ Die Strategie ist schon erdacht: Faymann wird als „Kanzler der Verlässlichkeit und Stabilität“ angepriesen. „Er hat Österreich gut durch die Krise geführt.“ Vermeintliches Asset Nummer 2: „Bürgerbeteiligung. Ab Mitte Mai laden wir alle ein, am SPÖ-Wahlprogramm mitzuschreiben.“ Drittes Wahlsieg-Elixier: „Rückbesinnung auf die Kernthemen Arbeit, Gesundheit, Soziales.“ Dass die ÖVP auf das Thema Wohnen setzt, sei ihm nur recht, sagt Darabos: „Politische Faustregel ist: Begib dich nie auf das Terrain des politischen Gegners. Und das ist unser Terrain.“

"Man kann sich alles schönreden – und von warmen Eislutschern träumen." Hannes Rauch, ÖVP-Generalsekretär


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All diese Ansagen belächelt ÖVP-Mann Rauch: „Ich möchte nicht mit Darabos tauschen.“ Diesem rät er zu einem „fairen Wahlkampf. Das Dirty Campaigning à la Darabos aus dem Jahr 2006 ist out.“ Rauch beteuert, überhaupt und noch lange sittsam zu sein: „Fünf Monate Wahlkampf? Da macht die ÖVP nicht mit.“ Die ersten drei September-Wochen täten es auch: „Da wird dann natürlich zugespitzt.“

Tatsächlich wird auch schon plakativ wahlgekämpft. Kinder als „Symbol der Zukunft“ sind die Sujets der ÖVP. Die Botschaft: Wir sind die Familienpartei. Da kann die SPÖ nicht hintanstehen. Als „Partei der Arbeit“ verkauft sie sich seit 1. Mai. Klassenkampf inklusive: „Gegen die Herrschaft der Milliardäre.“ Dass der SPÖ die FPÖ da in die Quere kommt (sie startet am Montag ihre „Gerechtigkeits-Kampagne“), glaubt Darabos nicht: „Die Leute wählen den Schmied, nicht den Schmiedl"

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Wird das ganze Jahr 2013 das der ÖVP oder war das schon ihr Halbjahr? Tragen die Wutbürger jetzt am liebsten Grün statt Blau oder gar Frank Stronach? Verzockt die gefallene „rote Gabi“ nach Salzburg auch noch den Kanzler-Sessel für die SPÖ?

Sorry, meine Damen und Herren Parteisekretäre – vier Wahlgänge mit vier überraschenden Resultaten mögen zu Recht Hoffnungen und Fantasien von leidgeprüften Parteisoldaten beflügeln. Für die Bundeswahl im Herbst heißt die Landtagswahlrunde nicht mehr als: Die Nationalratswahl wird weiterhin am 29. September stattfinden – als Schluss- und Höhepunkt des Wahljahrs 2013.

Denn die vier Wahlgänge in Niederösterreich, Kärnten, Tirol und Salzburg haben nur eines gemeinsam: Passt die Person (Pröll), bleiben absolute Mehrheiten selbst gegen acht Herausforderer keine Fata Morgana. Passt die Stimmung, werden auch mehr (Burgstaller) oder weniger (Dörfler) begabte Populisten vom Thron gestürzt. Sind die Alternativen aber noch blässlicher, erhalten selbst schwache Landes-Kaiser wie Günther Platter noch einmal die Chance auf Bewährung.

Parteichefs, die glauben, der Stammwähler wird’s schon schlucken, sind endgültig von gestern. Großparteien wie Salzburgs SPÖ oder Kärntens FPK, die großen Mist bauen, macht der Wähler zu Kleinholz. Macht aber eine Kleinpartei wie die Grünen in Salzburgs Finanzskandal einen guten Kontrolljob, verleiht ihr der Wähler über Nacht Regierungsflügel.

2013 wird nicht das Jahr von Schwarz, Grün, Rot oder Blau – es ist bereits das der wählerischen Stimmbürger: Sie sind im besten Sinn des Wortes unberechenbar geworden – für Meinungsforscher, Meinungsmacher und vermeintlich Mächtige. Das allein schon macht das laufende Wahljahr unwiderlegbar zum Super-Wahljahr 2013.